Aus Liebe zum Buch
Allgemein / 24. März 2020

Dem lokalen Buchhandel droht durch die Corona-Krise das Aus.  Während Amazon munter weiter ausliefern kann, mussten die kleinen Läden schließen. Nun fürchten sie, auch ihre Stammkunden zu verlieren.  Und das in einer Zeit, in der Bücher wieder gefragt sind.  Weil die Menschen zu Hause bleiben sollen und oft viel Zeit haben.  Kinos und Theater sind auch geschlossen, manches ist zwar online oder virtuell zu sehen.  Aber Bücher können die Welt ins Haus bringen. Rettet den lokalen Buchhandel Deshalb hat  Literaturtest jetzt eine Kampagne für den lokalen Buchhandel gestartet.  Bei „Freundschaft fürs Lesen“ geht es darum, dass Leser Gutscheine für Bücher kaufen, die in den Online-Shops des Buchhandels  eingelöst werden können oder auch später, wenn die Buchläden wieder öffnen.  Es geht darum, den örtlichen Buchhandel am Leben zu erhalten.  Alle können mitmachen und Zukunft sichern – aus Liebe zum Lesen.  Buchhändler erhalten entsprechendes Material und Leser die nötigen Infos unter www.freundschaftfuerslesen.org  

Namibia: Karoffelbrei und Schwarzwälder Kirsch
Allgemein / 8. Februar 2020

Namibia wird gern als „Afrika für Anfänger“ gesehen. Ein Land, das mehr mit Schwarzwälder-Kirschtorte als mit Schwarzafrika in Verbindung gebracht wird. Dass das alles nicht ganz so einfach ist im ehemaligen Deutsch-Südwest, darüber hat Anna Mandus in ihrem lesenswerten Buch „Licht und Schatten in Namibia“ geschrieben. Über die „Wagenburgmentalität“ der Weißen ebenso wie über den Stolz der Schwarzen und die Zerstrittenheit der Stämme. Über Kartoffelbrei als Erbe der Kolonialzeit und Trüffel in der Kalahari, über Grillsitten und Kriminalität, über Arbeitslosigkeit, Alkoholismus und Gewalt. Und über AIDS, Todesursache Nr. 1 und für die namibischen (schwarzen) Jugendlichen eine alltägliche Bedrohung. BuchAward für Namibia, Teil 2 Jetzt hat die Autorin, die in Namibia mit einem Mann an ihrer Seite ihre Wahlheimat gefunden hat, nachgelegt. Mit Erfolg: „Licht und Schatten in Namibia 2“ wird auf der ITB mit dem BuchAward für das „besondere Reisebuch“ ausgezeichnet. Das liegt wohl auch am bunten Mix, den die Autorin so locker und lesenswert serviert. Da geht es bunt weiter mit Frauenpower und Pop, mit Landreform und Feier-Traditionen. Anna Mandus schreibt nicht als Beobachterin sondern als Betroffene. Sie kennt Namibia inzwischen von innen, wenn auch größtenteils aus Sicht der weißen Bevölkerung. Alltagsprobleme bei Schwarz und Weiß Sie weiß um…

Leben und Lieben im Brexit-Land
Allgemein / 3. Februar 2020

Sie sind ganz normale Bürger in mittleren Jahren und sie leben in den englischen Midlands, da, wo man auch Tolkiens Hobbits verorten könnte. Der lange glücklose Autor Benjamin Trotter, seine Schwester Lois, seine Freund Doug, ein linker Journalist, und Philip, ein Kleinverleger. Jonathan Coe hat über diesen Personenkreis schon öfter geschrieben, etwa 2001 in „The Rotters Club“. Doch „Middle England“, der Roman, den die englische Kritik als „Brexit-Roman“ einstufte, ist anders. „Dies ist ein Buch, das die Gegenwart voraussagt“, urteilte der Guardian. Miese Stimmung im Land Tatsächlich setzt die Handlung 2010 ein, als Cameron mit den Liberaldemokraten die erste Koalition in Großbritannien seit Generationen schmiedete. Die Leser werden Zeugen der Londoner Unruhen und der Ermordung der britischen Labour-Abgeordneten Jo Cox. Sie erleben eine kurze Hochstimmung während der Olympischen Spiele und die Anti-Migranten-Hetze des Nigel Farage. Die Stimmung im Land ist mies, wie Doug feststellt: „Die Leute sind mittlerweile so sauer, und niemand weiß, was man dagegen tun kann. .. Die Wähler sehen diese Typen in der City, die vor zwei Jahren praktisch die Wirtschaft zerstört haben und dafür nie irgendwie belangt worden sind – keiner von ihnen ist in den Knast gewandert, und jetzt streichen alle wieder ihren Bonus ein,…

Ein Puzzle zu Weihnachten
Allgemein / 19. Dezember 2019

Die Kluftinger-Autoren Klüpfel und Kobr haben sich mit dem Thriller „Draussen“ eine Auszeit vom Allgäu gegönnt. Und auch die mit ihren Allgäu-Krimis bekannt gewordene Nicola Förg kehrt mit ihrem neuen Buch dem Allgäu kurzfristig den Rücken. „Das Winterwunder von Dublin“ ist eine zuckersüße Weihnachtsgeschichte, die allen Pferdeliebhabern ans Herz gehen wird. Denn Nicola Förg liebt nicht nur Kriminalgeschichten, sie liebt auch Tiere. Vernarrt in Pferde und Ponys Im Ponyhof Prem am Lech ist Nicola Förg  von Ponys, Katzen und Hasen umgeben. Auch die Hauptfigur in ihrem Roman, die angehende Tierärztin Stella, ist vernarrt in Pferde und Ponys. Deshalb trifft es sie umso härter, dass das Pony, das sie als Jugendliche betreut hat, offensichtlich sich selbst oder – noch schlimmer – einem Pferdemetzger überlassen wurde. Um „Puzzle“ zu retten, setzt Stella, die für Weihnachten zu ihren Eltern nach Irland heimgekehrt ist, alle Hebel in Bewegung. Ein junger Fernseh-Filmer spielt nicht nur dabei eine wichtige Rolle. Ende gut, alles gut Und wie es sich für ein Weihnachtswunder gehört, geht alles gut aus, obwohl Stella zwischendurch von Zweifeln geplagt wird. Ganz nebenbei erfahren die Leser auch viel über die Geschichte Irlands, den großen Hunger zum Beispiel oder die Tinker, die mit ihrer Habe…

Weihnachten mit den Musketieren
Allgemein / 11. Dezember 2019

Die Musketiere, das sind Bertram, der Hamster, Gruyere, die graue Maus, Mäuserich Picandou und die Kneipenmaus Pomme de Terre. Zusammen haben sie schon etliche Abenteuer erlebt. Derzeit wohnen sie im Keller unter dem Laden von Frau Fröhlich und wundern sich über die Weihnachtsvorbereitungen. Denn so etwas wie Weihnachten kennen die vier nicht. Aber neugierig sind sie schon, was die Menschen da so treiben. Ein Dieb im Lädchen Und so werden sie Zeugen, wie Frau Fröhlich an ihren Mitmenschen verzweifelt, weil in ihrem Lädchen immer wieder geklaut wird. Gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach dem Dieb und verdächtigen ein Mädchen, das mit seinen Geschwistern immer wieder vor dem Fröhlichschen Schaufenster stehen bleibt, um das Pfefferkuchenhaus zu bewundern. Lotte heißt das Mädchen, das mit seinem Papa und den jüngeren Geschwistern ganz in der Nähe wohnt. Die Musketiere auf dem Irrweg Zu spät merken die Tiere, dass sie die Falsche im Auge hatten. Und beinahe hätten sie noch einen Fehler gemacht und den netten Herrn Teichmann verdächtigt, nur weil der so oft in Frau Fröhlichs Laden ist. Aber immerhin haben sie bei ihrer Schnüffelei die Hamsterin Suzette kennen gelernt, die Bertram gleich den Kopf verdreht. Als die Musketiere dann dem echten…

Abenteuer in der Forscher-Akademie
Allgemein / 8. Oktober 2019

Ein bisschen was hat diese Explorer Academy von Hogwarts, dem Zauberer-Internat von Harry Potter. Doch im Internat, in dem der junge Hawaiianer Cruz lernt, geht es nicht um Zauberei, sondern um Forschung. Und Cruz fühlt sich dem Erbe seiner Mutter verpflichtet, die angeblich bei einem Labor-Unfall ums Leben kam, als er noch klein war. Die Botschaft der Mutter Doch seine Mom hat ihm eine Botschaft hinterlassen, und allmählich dämmert es Cruz, dass ihr Tod kein Zufall war. Sie hat ein heilbringendes Serum entwickelt, das viele Medikamente unnötig gemacht hätte. Unterstützt wurde sie bei ihren Forschungen von der Pharmafirma Nebula. Und der konnte das Ergebnis nicht gleichgültig sein, das wusste auch Cruz Mutter: „Das Letzte, was eine Pharmafirma, die Milliarden von Dollar an Medikamenten verdient, will, ist, dass die Menschheit diese Medikamente nie wieder braucht.“ Unter dem Druck von Nebula und aus Angst um ihre Familie vernichtete sie das Serum. Aber die Formel gravierte sie auf ein Stück schwarzen Marmors, den sie in acht Teile aufteilte, die sie auf der ganzen Welt versteckte. Ein verschlüsseltes Tagebuch soll Cruz nun helfen, die Formel zu finden.  Freunde sind überlebenswichtig Im ersten Teil „Das Geheimnis um Nebula“ wird Cruz‘ Geschichte erzählt, er lernt das…

Doppelter Boden mit Fallstricken
Allgemein / 27. Juli 2019

Marlene Streeruwitz macht es ihren Lesern nicht leicht. Ihr neuer Roman „Flammenwand“ wird durch einen Anhang ergänzt, der eine Chronik politischer Ereignisse in Österreich vom 19. März bis 9. Oktober 2018 enthält. Diese Chronik soll den Roman ergänzen, sorgt aber eher dafür, dass die Leser aus dem Konzept geraten. Und das ist gerade in dem Roman, der strikt dem Gedankenfluss der weiblichen Hauptfigur folgt, fatal. Die Wiederholung des Missbrauchs Diese Adele, eine 50-jährige Frau aus Wien, die in Stockholm gemerkt hat, dass ihr deutscher Liebhaber Gustav sie betrügt, hängt irgendwie in der „Flammenwand“ fest. Das heißt, sie kommt nicht mehr heraus aus dem Grübeln über das Scheitern dieser Beziehung, die in Berlin begonnen hatte. Und so erfahren die Leser in der für Marlene Streeruwitz typischen Stakkato-Sprache nicht nur, das Gustavs vorgegebene Impotenz Adele zu einem passiven Opfer degradiert hat, sondern auch, dass sie von ihrem kriegsversehrten Vater missbraucht wurde und Gustavs Manipulationen an ihrem Körper wie eine Wiederholung dieses Missbrauchs empfand. Die Chronik als Kommentar Man muss sich einlesen in diese Ein-, Zwei-, Dreiwortsätze, die oft weder Subjekt noch Objekt kennen. Muss versuchen, dieser Adele in die dunklen Winkel ihrer Erinnerungen zu folgen und darf dabei nicht den doppelten Boden…

Ein Leben im Abseits
Allgemein / 6. Mai 2019

Im Original heißt das Buch von Ann Weisgarber „The Glovemaker“, denn Deborah, die Hauptfigur, ist Handschuhmacherin. Die deutsche Ausgabe trägt den Titel „Unter Heiligen“ und weist damit schon auf einen ungewöhnlichen Inhalt hin. Die amerikanische Autorin nimmt ihre Leser mit in eine für uns fremde Welt, die der Mormonen Ende des 19. Jahrhunderts. Wie ihr Mann Samuel und ihr Schwager Nels ist Deborah Mormonin. Leben in einer „Dazwischenwelt“ Doch ihre Familie praktiziert nicht die vom „Propheten“ Joseph Smith propagierte und von den US-Behörden verbotene Vielehe. In der Schlucht, in der sie sich mit einigen anderen Familien niedergelassen haben, leben sie zwar nach den Geboten ihrer „Kirche“ in einer Art „Dazwischenwelt“. Weil Männer, die mehrere Frauen haben, von der Polizei verfolgt werden, helfen Samuel und Nels ihnen, zu einem geschützten Unterschlupf zu kommen. Das hat sich herumgesprochen. Als Deborah mal wieder allein ist, weil Samuel sein Geld als fahrender Radmacher verdient, klopft ein Mann an ihre Tür. Die Außenwelt als Spiegel der Innenwelt Damit beginnt ein Drama, das Weisgarber aus den Perspektiven von Deborah und Nels schildert, wobei die winterliche Szenerie in der abgeschiedenen Schlucht zum Spiegel der inneren Zerrissenheit der Protagonisten wird. Beide sind fest verwurzelt in ihrem Glauben und…

Bäuerin ohne Land
Allgemein / 16. April 2019

„Vom Aldi-Kind zur Öko-Landwirtin“ schrieb die „Süddeutsche Zeitung“ zum Buch von Anja Hradetzky  „Wie ich als Cowgirl die Welt bereiste und ohne Land und Geld zur Bio-Bäuerin wurde“. Gut 300 Seiten braucht die junge Frau, um dahin zu kommen, wo sie wohl immer schon hin wollte: „Hier im Odertal war nun mein Kanada, auch wenn die Weite nicht ganz so weit, die Kälte nicht ganz so kalt war und natürlich die Pferde fehlten.“ Von der Großstadt- zur Landliebe Sie war nicht auf dem allernächsten Weg vom heimischen Dorf im Erzgebirge zu ihrer neuen Heimat gekommen. Es hatte vieler Umwege und Reisen bedurft, bis Anja wusste, wohin und was sie wollte. Sie studiert, lernt die Parallelwelt in Berlin kennen und eine Großstadtliebe, macht Praktika auf dem Land und kommt dabei ihrem Ziel, mit Tieren zu leben, ebenso näher wie dem jungen Polen Janusz, der ihre Landliebe teilt. Doch Anja will mehr und bewirbt sich für eine Working Ranch in Kanada – im Winter, weil sie die Jahreszeit mag. Auf der Ranch lernt sie einiges für ihr zukünftiges Leben, vor allem, wie man Tiere diszipliniert, ohne sie zu quälen: „Hier schrie keiner, es gab keine roten Köpfe, es war wunderschön.“ Ihrem Traum…

Die deutsche Georgierin
Allgemein / 3. März 2019

Der kleine Vortragssaal im Annahof füllt sich. Nino Haratischwili – ganz in Schwarz, roter Schal, roter Mund – ist pünktlich und sagt gleich, dass sie nicht nur lesen wird. Die gebürtige Georgierin, die heute in Berlin lebt und 2018 in Augsburg mit dem Brechtpreis ausgezeichnet wurde, will den Dialog. Zuerst aber erzählt sie, wie sie zu ihrem neuen Buch „Die Katze und der General“ gekommen ist, das zum Teil in Tschetschenien spielt. Inspiriert wurde sie von Anna Politkowskaja, jener mutigen Journalistin, die wohl wegen ihres Engagements für Tschetschenien ermordet wurde. Der Zauberwürfel und die Struktur Was sie vor allem interessiert habe, war die Frage „Wie werden Menschen zu Tätern?“, sagt Nino Haratischiwili. Diese Frage wurde der rote Faden für ihr neues Buch, das ihren Lektor in seiner komplexen Struktur – zwei Zeitebenen, drei Erzähl-Perspektiven – an einen Zauberwürfel erinnerte. In dem ersten Kapitel, das die Schriftstellerin für ihre Lesung ausgesucht hat, spielt so ein Zauberwürfel eine wichtige Rolle, im zweiten geht es um Haratschwilis Wahlheimat Berlin und die dort lebenden Exil-Georgier, -Russen, -Ukrainer. Der Kaukasische Kreidekreis als Anstoß Ihre warme Stimme trägt die Geschichte, aber auch im Gespräch überzeugt sie mit einem makellosen, akzentfreien Deutsch. Sie habe schon in Tiflis…