Genuss in aller Welt
Reisebücher , Rezensionen / 16. August 2022

„Ich erzähle Geschichten. Ich reise hierhin und dorthin“, wird Anthony Bourdain im Vorwort zum Buch „World Travel“ zitiert. Der 2018 verstorbene Starkoch und TV-Moderator war an allen Ecken und Enden dieser Welt unterwegs. Mit „World Travel“ ist postum ein „gnadenlos subjektiver Reiseführer“ erschienen, eine Hommage an den Genießer Anthony Bourdain  und seine Welt mit Essays von Freunden und Familienmitgliedern. Im Sound des Spitzenkochs „Braucht die Welt noch einen Reiseführer?“ hatte sich Laurie Woolever gefragt, als sie 2017 mit Anthony Bourdain diese Weltreise in Buchform plante – kreuz und quer über den Globus. Doch nach dem Tod des begnadeten Geschichtenerzählers war die Antwort schnell klar. Und so entstand „World Travel“, ein Reiseführer durch die Welt Anthony Bourdains mit eher wenigen Basisinformationen. Dafür im typischen Sound des erfolgreichen Spitzenkochs und Globetrotters, der sich immer klar darüber war: „Ich schaue hin. Ich höre zu. Doch am Ende weiß ich: Es ist meine Geschichte.“ Ein Hoch auf Paris In diesem Sinn führt „World Travel“ von A wie Argentinien („das ist das Reich des Zweifels“) bis V wie Vietnam („das Land hat mittlerweile einen besonderen Platz in meinem Herzen“). Corona spielt noch keine Rolle, und manche Tipps wie die für Hongkong oder Myanmar sind wohl…

Weltreise in Bildern
Reisebücher , Rezensionen / 16. August 2022

Herausgeber Finn Beales  hat sich angesichts der Bilderflut im Netz zum Bildband „Let’s get lost“ seine eigenen Gedanken gemacht.  „Vielleicht besteht das Privileg heutzutage ja darin, sich zu verlaufen?“,  fragt er in der Einleitung. Wer sich verlaufe, müsse sich intensiver mit seiner Situation und Umgebung auseinandersetzen. Sich zu verirren, helfe dabei, „herauszufinden, was wirklich wichtig ist“. Suche nach dem schönsten Bild Die Menschen dürfen wieder reisen. Und sie tun das auch – meist auf ausgetretenen touristischen Pfaden. Ganz anders Naturfotografen. Sie zieht es an entlegene, oft weitgehend unberührte Plätze. Und wenn sie sich auf der Suche nach dem schönsten Bild mal verlaufen, steigert das nur das Erlebnis. „Let‘s get lost“ (Lasst uns verloren gehen) ist denn auch das Motto der Fotografinnen und Fotografen, die der preisgekrönte Fotograf Finn Beales  mit ihren spektakulären Naturaufnahmen in diesem gleichnamigen Bildband versammelt hat. Abseits markierter Wege Ob im Gebirge oder an der Küste, in karger Natur, bei Eis & Schnee, in urtümlichen Wäldern oder an Flüssen & Seen – den Fotografierenden gelangen faszinierende Aufnahmen unserer Welt, auch weil sie nicht auf markierten Leben und mit allen Sicherheiten unterwegs waren. Der Lohn abenteuerlicher Exkursionen waren nicht nur großartige Aufnahmen sondern hin und wieder auch außergewöhnliche…

Viel Glück in Niederbayern
Reisebücher , Rezensionen / 2. August 2022

Der Eberhofer Kreisel darf in einem Buch über Niederbayern natürlich nicht fehlen. Schließlich ist der Kreisverkehr in Frontenhausen alias Niederkaltenkirchen Kult wie die Krimis um den Polizeihauptmeister Franz Eberhofer. Ihm und seinem Buddy Rudi hat der Ort gar ein Denkmal aus Stahl gesetzt. Denn die Filme um den Grantler und Leberkäsjunkie Eberhofer haben Frontenhausen auf die touristische Landkarte gesetzt. Wenn das kein Glück ist… Genussreiche Überraschungen 80 Glücksorte in Niederbayern hat Christine Hochreiter zusammengetragen: Genussvolle wie das Café Krönner in Straubing, die Backliesl in Riedenburg-Prunn, den Essig-Hans in Birnbach oder das Weingut Weizenberger in Passau. Sehenswerte wie den Kuchlbauer Turm in Abensberg, für den Friedensreich Hundertwasser noch die Pläne gezeichnet hatte, die Vinylothek in Eggenfelden, ein „Plattenparadies“ oder den Aussichtsturm „Stoabruch Büchlberg“ mit weitem Blick übers Land. Ein Bett in der Kirche oder im Kornfeld Kuriose wie die Cigarrenfabrik in Perlesreut, wo die „Virginia“ nach Bayerischem Wald riecht, die Ferienwohnungen in der Kelheimer Lukaskirche oder das Bernsteinmuseum, das wohl kaum jemand in Bad Füssing erwarten würde. Gemütliche wie das Hofgut Hafnerleiten in Bad Birnbach mit seinen einladenden Themenhäusern, die naturnahen Haidl-Madl Ferienwohnungen in Bischofsreut oder gleich das Bett im Kornfeld, das ein Biohof anbietet. Lust auf Natur Und sicher macht…

Peter Habeler zum Achtzigsten
Reisebücher , Rezensionen / 19. Juli 2022

Peter Habeler ist nicht so bekannt wie sein Partner am Mount Everest, Reinhold Messner. Auch nicht so präsent in den Medien. Aber Peter Habeler gehört zu den ganz Großen in der Bergsteiger-Geschichte. Nun wird der Zillertaler 80. Und zu dem Anlass gibt es ein Buch über sein Leben, das auch viele seiner Freunde und Förderer mit einbezieht: „Mein nächster Berg“, erzählt von Marlies Czerney, ist mit den vielen privaten Bildern eine Einladung an die Lesenden, hinter die Fassade der Berg-Berühmtheit zu blicken. Herausforderung Kangchendzönga Da erfährt man auch, dass für den eher bescheiden auftretenden Bergführer und Skilehrer Peter Habeler nicht die Pioniertat am Everest der Höhepunkt seiner Bergsteiger-Vita war, sondern „der Kantsch“.  Den 8586 Meter hohen Kangchendzönga hat er 1988 ohne Flaschensauerstoff über die Nordwand bestiegen – in der besten körperlichen Verfassung seines Lebens, wie er sich erinnert. Acht Jahre zuvor hatte er zusammen mit Reinhold Messner den höchsten Berg der Welt ohne Sauerstoff bezwungen. Die schrecklichen Zwillinge Damals galten die beiden als die „terrible twins“, die schrecklichen Zwillinge. Doch die Wege der ziemlich ungleichen Zwillinge trennten sich schon bald. Andere Seilpartner und Freunde traten ins Leben des Zillertalers, bekannte Namen wie der Amerikaner Doug Scott oder der allzu jung…

Wandern im deutschen Wald
Reisebücher , Rezensionen / 19. Juli 2022

Gerald Klammer hat sich ganz schön viel vorgenommen, als er im Februar die Wohnungstür in Marburg hinter sich zumacht. Er verlässt nicht nur sein Zuhause, er hat auch seinen Job als Förster gekündigt, sein Auto verkauft und den Großteil seiner Habseligkeiten verschenkt. Nun will der begeisterte Wanderer und Waldliebhaber seine zwei Leidenschaften zusammenbringen und bei einer langen Wanderung erkunden, „wie es um Deutschlands Wälder bestellt ist“. Für den Schutz des Waldes Dabei trifft er Förster, Naturschützer, Wissenschaftler und Vertreter von Bürgerinitiativen. Sie unterstützen ihn in seinem Vorhaben, Menschen für den Schutz des Waldes zu gewinnen. Seine achteinhalb Monate dauernde Tour beschreibt Klammer ausführlich, auch die eher frugalen Mahlzeiten, die alltägliche Routine, die sich einstellt. Unterbrochen wird sie durch die Treffen mit ähnlich gesinnten Menschen und zwischendurch auch durch die Begleitung durch seine Freundin, die als Agrarbiologin seine Leidenschaft fürs Wandern teilt. Das Cowboy-Camp Zelten darf der Waldwanderer nicht, deshalb schützt er sein Lager mit dem bei Weitwanderern beliebten Tarp. Sein „Cowboycamp“, wie Gerald Klamer diese Hilfskonstruktion nennt, hält allerdings Regen und Kälte nicht immer ab ebenso wenig Mücken oder Schnecken. Doch viel mehr als Wetterunbilden und Mückenüberfälle beunruhigt Gerald Klammer der Zustand in vielen Wäldern, in denen sich der Klimawandel…

Fahrradguide für Frauen
Reisebücher , Rezensionen / 7. Juli 2022

Ein Fahrradguide nur für Frauen?  „Die Zukunft des Radfahrens ist weiblich“, prophezeit die radelnde Autorin Louise Roussel. Ihr Fahrradguide für Frauen „Freiheit im Fahrtwind“ soll dazu beitragen.  Denn bisher sind Frauen bei Radtouren eher unterrepräsentiert, wie Roussel festgestellt hat. Mit ihrem Buch will sie zeigen, dass das Fahrrad für jede Frau zugänglich ist „und zudem eine wunderbare Möglichkeit der Emanzipation, der Flucht aus dem Alltag, der Kontaktaufnahme mit anderen, der Mobilität und der Freiheit bietet“. Freude statt Frust Mut machen sollen die Porträts  unterschiedlicher Frauen und die Erlebnisse der Autorin selbst. Sie alle beweisen, dass man bei guter Vorbereitung, mit Durchhaltevermögen und einigen Tricks Frust beim Radfahren vermeiden und Freude an der Bewegung erleben kann. Radlerinnen, das zeigen vor allem die Porträts, gewinnen mehr Selbstvertrauen und können sich auch in der „männerdominierten Welt des Radfahrens“ durchsetzen. Wer dazu eine Gruppe braucht findet im Fahrradguide entsprechende Adressen. Ironwoman und Weltrekordlerin Die porträtierten Frauen kommen aus den unterschiedlichsten Milieus, zeigen aber alle, das Frauen sportlich nicht hinter den Männern zurückstehen müssen. Da ist die Ironwoman Héloise, die Weltreisende Franzi, die Ultra-Cyclerin Adrienne oder auch Jenny, die in Weltrekordzeit die Welt umrundete (28.968 Kilometer in 124 Tagen). Es müssen aber nicht immer Rekorde…

Spielend zur Nordsee
Allgemein , Reisebücher , Rezensionen / 7. Juli 2022

Die Idee ist gut: Kein Reiseführer der langweiligen Art, sondern Rätsel, die spielerisch zu Sehenswürdigkeiten führen. Allerdings sind die Fragen schon ziemlich knifflig. Wer nicht ortskundig ist, wird sich schwer tun mit der richtigen Antwort. Da würde man sich eine Hilfe durch Multiple Choice wünschen. Oder zumindest einen kleinen Hinweis in der Frage. Das muss dann wohl der Spielleiter übernehmen. Spielerisch ans Urlaubsziel Aber hier geht es ja auch nicht darum, Fragen so schnell wie möglich zu beantworten. Eher schon darum, sich spielerisch dem Urlaubsziel zu nähern. Nun also die Nordsee. Auf Föhr hat Sonja Klein einen kuriosen Fall „ausgegraben“. Da wurde das Grab eines Spenders aus der Kirche auf den Friedhof verlegt. Warum? Weil die Erben die versprochene Spende nicht bezahlt haben. Geiz war wohl schon im 17. Jahrhundert geil. Eierkönig und schiefer Turm Dass es mal auf Sylt einen König gab, der sich vorwiegend um die Möwen kümmerte, wissen wahrscheinlich auch nur Insider. Es war der „Eierkönig“, der die Brutkolonien der Möwen „bewirtschaftete“ und alljährlich Zehntausende von Eiern sammelte. Den schiefen Turm von Pisa kennt man. Doch wer hat schon vom schiefen Turm auf der Hallig Langeneß gehört? Der Leuchtturm wurde während des ersten Weltkriegs von einer Seemine…

Abenteuer Gehen
Reisebücher / 21. Juni 2022

Unsere Gesellschaft ist unbeweglich geworden. Doch das viele Sitzen ist ungesund. Dagegen hilft, auch mal auf das Auto zu verzichten. Dass es sich lohnt, das Gehen wieder zu entdecken, zeigt Annabel Streets in ihrem Buch „Auf die Füße fertig los“. 52 Inspirationen für die 52 Wochen des Jahres hat sie aufgelistet. Sie sollen dazu beitragen, „die Freuden, das Mysterium, das wunder und das Hochgefühl des Gehens neu zu erleben“. Spazieren im Sonnenschein Im Kapitel „Über dieses Buch“ sind ein paar Tipps zur Vorbereitung auf das Gehen versteckt wie Kleidung, Proviant, Planung. Und der Hinweis, wie man dieses Buch am besten nutzt. Deshalb geht es jetzt auch nicht um die erste Woche „In der Kälte gehen“, sondern um die 25. Woche „Im Sonnenschein flanieren“. Da liest man sich erst einmal drei Seiten lang durch Ausführungen über die Wohltat von Sonnenlicht. Der Tipp: „Wann immer die Sonne scheint, unternehmen Sie einen kurzen Spaziergang mit hochgekrempelten Ärmeln und ohne Sonnencreme.“ Es folgen wie in jedem Kapitel Tipps für so einen Spaziergang in der Sonne. Wandern mit Gesang „Die Kraft des Gesangs“, die Streets in der 26. Woche hervorhebt, könnte zwar wandernde Familien beflügeln, aber andere Spaziergänger eher abschrecken. Der Ausflug mit Picknick in…

New Yorks charmante Seiten
Reisebücher , Rezensionen / 21. Juni 2022

Es wird wieder gereist. Und die USA – und da New York – stehen ganz oben auf der Bucketlist der Reisenden. Das Buch von Susan Kaufman „New York wie es keiner kennt“ macht noch mehr Lust, den Big Apple zu durchstreifen. Spaziergänge mit der Kamera Denn die langjährige Lifestyleredakteurin und Fotografin nimmt die Lesenden mit auf ihre Spaziergänge mit der Kamera und erkundet mit ihnen die charmanten, die malerischen Seiten der Stadt, die viel mehr zu bieten hat als Manhattan und die Wolkenkratzer. Zu den Magnolienbäumen im Washington Square Park, zur neogotischen Grace Church am Broadway, in den romantischen Gramercy Park, zu Blumenläden, Buchgeschäften und Cafés. Farbenprächtige Einladung Das ganze Buch ist eine farbenprächtige Einladung in die Stadt, die angeblich niemals schläft. Kaufmans Fotos zeugen von der Liebe der Fotografin zu ihrer Stadt, von ihrem Faible für Details, und sie zeigen tatsächlich Seiten von New York, die man so kaum kennt. Verträumte Gassen in Greenwich Village, blühende Gärten in Noho & Nolita, schöne Fassaden in Soho, Kutschenhäuser im Gramercy Park, stilvolle Aufgänge in Murray Hill, anmutige Stadthäuser in der Upper East Side, den „altertümlichen Charme“ von Carnegie Hill. Karte der Lieblingsorte Die Bilderbögen sind eine charmante Entdeckungsreise durch ein New…

Rund um den Ammersee
Reisebücher , Rezensionen / 2. Juni 2022

Nicht nur das Neun-Euro-Ticket lädt dazu ein, die Schönheiten vor der eigenen Haustür oder zumindest im eigenen Land neu oder wieder zu entdecken. Carmen Rohrbach, die vielgereiste Reisebuch-Autorin, zeigt in ihrem Buch „Mein Ammersee“, wie es geht. Sie macht sich einfach auf den Weg, zu Fuß, mit dem Fahrrad, mit der Bahn oder auch mit dem Schiff. Und dabei entdeckt sie den See, an dem sie lebt, immer wieder neu – im Verlauf der Jahreszeiten etwa, oder bei einer See-Umrundung. Freude an der  Natur Der studierten Biologin liegt natürlich die Natur am Herzen, das spürt man auch in diesem Buch. Sie lässt die Lesenden teilhaben an ihrer Freude über den Gesang der Vögel und das Aufblühen der Natur, nimmt sie mit zu ausgedehnten Spaziergängen, aber auch zu Gesprächen mit Fischern, Keramik-Künstlern, Geistlichen und Geschichtskennern, zu Festen, in Parks, Klöster und Kirchen. Lachmöwen und Dreikant-Muscheln Und obwohl Carmen Rohrbach sehr viel über ihr eigenes Be- und Empfinden schreibt, erfährt man in dem Buch jede Menge Interessantes. Dass die Lachmöwe deshalb so heißt, weil sie gern in Lachen (seichten Gewässern) brütet, etwa. Dass die eingewanderten Dreikant-Muscheln zum ersten Mal 1994 am See entdeckt wurden und seither die einheimischen Muscheln verdrängt haben. Wie…