Die Königin aus der Gosse

2. Februar 2019

Ein Leben wir ein Roman: Was Manuela Salman erlebt hat, würde ein dickes Buch füllen. Dafür ist das Büchlein, in dem sie zusammen mit Viktoria Bell in „Sika, die weiße Königin“ ihre Geschichte erzählt, mit 235 Seiten geradezu schmal. Der Untertitel „Wie die Liebe mich rettete und mir ein ganzes Volk schenkte“ klingt etwas reißerisch und manchmal hat man das Gefühl, dass Manuela Samlan sich in ihren Erinnerungen ein bisschen idealisiert. Aber das ist ja menschlich und ändert nichts daran, dass diese Frau sich immer wieder durchgebissen hat, obwohl es am Anfang so aussah, als hätte sie keine Chance.

Ein Findelkind ohne große Zukunftschance

Manuela war ein Findelkind buchstäblich aus der Gosse – die Eltern wurden nie gefunden – und wie so viele Waisen begann ihr Lebensweg mit einer Odyssee durch Heime und Pflegefamilien. Demütigungen und Strafen waren an der Tagesordnung. Das ändert sich auch nicht durch die frühe Heirat mit einem palästinensischen Flüchtling, aus der drei Kinder hervorgehen Als ihr Mann die Kinder in den Libanon entführt, reist sie beherzt hinterher, um ihre Söhne zurückzuholen. Die Reise wird zum Fiasko. Manuela verliert ihre Kinder und kehrt auf abenteuerlichen Wegen zurück nach Deutschland, wo sie sich aus einer hoffnungslosen Lage zurück ins Leben kämpft.

Überraschende Wende im Flüchtlingsheim

In einem Flüchtlingsheim lernt sie den Togolesen Jules kennen. Von da an nimmt ihr Leben eine grandiose Wende: Aus dem Findelkind wird die Königin eines togolesischen Stammes. Denn der bescheidene Jules ist der Sohn eines Stammeskönigs. Heute leben Manuela Samlan und Jules in der Gegend von Glonn – der König arbeitet in Hermannsdorf im Gasthof Schweinsbräu, wo er als Spüler angefangen hat. Weil Jules in Togo politisch verfolgt wird, vertritt Manuela ihn in seiner Heimat, wo sie auch zur Königin gekrönt wurde.

Der König arbeitete als Spüler im Schweinsbräu

Manuela  Erinnerungen bringen den Lesern Togo und seine Sitten näher, sie führen die Probleme der Palästinenser im Libanon vor Augen und den Zusammenhalt der Obdachlosen in Deutschland. Es ist eine erstaunliche Lektüre, die Sprache ist einfach, passend zu den Schilderungen von Manuela Samlan. Ärgerlich ist allerdings, dass Jules Samlan durchgehend als Jueles auftaucht. Da hätte ein Blick ins Internet genügt, wo die beiden ebenso präsent sind wie immer wieder in der bayerischen Presse – auch dank ihrer emsigen Sammlungen für Jules‘ Stamm in Togo, wo sie eine Schule, ein Krankenhaus und ein Behindertenheim finanzieren.  Kontakt: https://www.facebook.com/lecourage.dutogo
Info: Manuela Samlan/Viktoria Bell. Sika, die weiße Königin, Knaur Taschenbuch, 232 S., 9,99 Euro

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