Grüner wird’s nimmer

1. April 2021

Ein Garten macht angeblich glücklich.  Zumindest glauben das Großstädter wie Sebastian Lehmann, den es auf dem schönen Freiburg nach Berlin verschlagen hat. Reisen ist derzeit gar nicht oder nur eingeschränkt möglich. Kein Wunder, dass Schrebergärten gefragt sind wie selten zuvor – auch in Berlin. Sebastian Lehmann und seine Freundin hätten auch gern so eine stadtnahe grüne Lunge gehabt, aber die war kaum zu bekommen.

Der Wilde Westen von Brandenburg

Also führt sie die Flucht aufs Land weiter raus ins Grüne, bis nach Brandenburg, „das ein wenig so aussieht wie der Wilde Westen“. Hier finden die beiden Wahl-Berliner, die  der süddeutschen „Kleinstadt-Spießigkeit“ in die Party-Hauptstadt entflohen waren, eine Datsche mit Gartengrundstück an einem See: Auslauf in der Natur, wie ihn der „Kleinkünstler, der Kleingärtner werden will“ erträumte.
Doch so ein Garten will gepflegt, so eine Datsche saniert werden. Das Pärchen landet  ziemlich schnell auf dem harten Boden der Realität und muss  erkennen: „Jahreszeiten, die in der Stadt Kulisse sind, erfährt man im Garten am eigenen Leib.“ Noch dazu die Wetterunbilden. Regengüsse und Trockenheit machen den „Mein-Schöner-Garten-Ambitionen“ der Freundin immer wieder den Garaus, und der Kleingärtner fühlt sich immer mehr wie Sisyphos –  nur nicht glücklich.

Zwischen Witz und Melancholie

Sebastian Lehmann beschreibt in seinem Buch „Das hatte ich mir grüner vorgestellt“ mit viel Selbstironie und Witz den Clash zwischen Vorstellung und Wirklichkeit. Es gibt Passagen, da kann man sich vor Lachen kaum mehr halten aber auch solche voller Melancholie. Denn so ein Garten kann einen schon an die Grenzen der Ausdauer bringen. Sebastian Lehmann greift in solchen Momenten zu Elton Johns „Tiny Dancer“: „Irgendwie passe es perfekt zu den mattgelben Feldern, den Alleen, den einstöckigen Häusern der winzigen Dörfer, zu den Windrädern am Horizont. Natürlich ist es ein perfektes Autofahrerlied. Man denkt dabei nur eher an kalifornische Highways als an Mecklenburger Landstraßen“.

Kleine Fluchten in den Garten

Also ist dieses Buch doch ein Reisebuch, denn es lädt nicht nur ein zu Reisen im Kopf mit und ohne Elton John, sondern auch zu kleinen Fluchten aus dem Alltag. In den eigenen Garten oder auch in den von Freunden oder der Familie. Nachhaltig und grün.
Info Sebastian Lehmann. Das hatte ich mir grüner vorgestellt. Goldmann, 238 S., 13,20 Euro

Keine Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert