Andreas Englisch lebt seit 40 Jahren in Italien, ist Vatikanexperte und hat schon viele Bücher geschrieben. Allerdings noch keines wie „Alle Wegen führen nach Rom“. „Ich wollte Geschichten erzählen, die mit Gott und dem Land Italien zu tun haben“, sagte der Autor in einem Interview. Das Buch ist eine kulturelle Schnitzeljagd, die in elf Rätseln und einem Minivan von Südtirol nach Rom führt.
Die Influencerin
Unerwartet lernt der Autor bei einem Auftritt die erfolgreiche Influencerin Sue kennen, mit der er sich gegen seinen Willen auf eine turbulente Pilgerreise in die Ewige Stadt begibt. Woher die Rätsel kommen, wem sie gelten und ob es dabei auch um eine Buße für persönliche Verfehlungen geht, bleibt lange Zeit offen und steigert die Spannung wie bei einem guten Krimi.
Das Heilige Jahr
In Gesprächen mit Sue, die sich anfangs weder für Religion noch für die italienische Kunst interessiert, klärt Englisch über unbekannte Hintergründe zu bekannten Kunstwerken und zu religiösen Gebräuchen auf. Unter anderem auch darüber, wie die Idee zum Heiligen Jahr entstand – als Geldbeschaffungsmaßnahme von Papst Bonifatius VIII.
Die unterschätzten Frauen
Während er zunächst mit Sues respektloser Sprache und ihren merkwürdigen Mixer-Posts fremdelt, wächst sein Respekt für die nimmermüde und neugierige Influencerin und er findet ihre so ganz andere Welt immer spannender. Und während der Autor über die unterschätzte Bedeutung einflussreicher Frauen wie Olimpia Maidalchini, la papessa genannt, die Päpstin, oder von Isabella Boschetti, der großen Liebe des Herzogs Federico von Mantua, referiert, wird die Pilgerreise immer aufregender und verwirrender.
Der Kunstführer
Ansichten der wunderbaren Fresken, die im Buch so ausführlich beschrieben werden, befinden sich in der Buchmitte. Sie machen große Lust, diese Kunstwerke mit eigenen Augen zu sehen. Das gilt für das ganze Buch, in dem sich ein so unterhaltsamer wie kenntnisreicher Kunstführer verbirgt. Die Aufklärung am Ende ist dann leider doch etwas banal. Das ändert aber nichts daran, dass Andreas Englisch es schafft, die Lesenden auf 360 Seiten so zu unterhalten, dass sie ganz nebenbei dazu verführt werden, sich für die italienische Kulturgeschichte und die des Vatikans zu interessieren. Bei all dem name dropping hilft das Register im Anhang bei der Zuordnung.
Info Andreas Englisch. Alles Wege führen nach Rom, C.Bertelsmann, 367 S., 28 Euro
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