Reisen öffnet das Tor zur Welt

13. September 2018

Er ist viel gereist in seinem Leben, war mit Bus und Zug unterwegs, mit dem Flugzeug und zu Fuß, hat Reportagen über seine Reisen geschrieben und war Mitbegründer einer Reisezeitschrift. Für den schwedischen Reiseschriftsteller Per J. Andersson ist Reisen „die wirkungsvollste Methode, das eigene Bild von der Welt zu erweitern“. Und darüber schreibt er auch in seinem Buch, das reich ist an Zitaten und kleinen Geschichten und das den Leser mitnimmt ins pralle Leben etwa nach Indien, wo der Autor immer wieder gerne ist.

Gedanken über den Sinn des Reisens

Andersson ist ein gebildeter Reisender, einer, der viel gelesen hat über das Reisen und die Welt und der sich Gedanken gemacht hat über den Sinn des Reisens und über die Geschichte des Unterwegsseins – von den Nomaden der Frühzeit über die Roma und die Landstreicher bis zu den Tramps und Hippies. Wie andere Zeitgenossen auch ist er zwar immer wieder als Rucksackreisender unterwegs – aber mit Netz und doppeltem Boden, also mit der Gewissheit, zurückkehren zu können in einen gesicherten Alltag. Das unterscheidet den „Freizeitvagabunden“ von jenen, die aus Armut oder Verzweiflung auf der Straße leben.

Trampen als Zivilisationskritik

Trotzdem kennt auch er, „das leise brodelnde Glücksgefühl, (fast) pleite und (fast) frei wie ein Vogel“ zu sein und erfüllt von der Empfindung „dass die Welt so viel zu bieten hat als schwedische Reihenhaus-Siedlungen“. Andersson erzählt von (seltenen) Flow beim Wandern, von Zügen als Begegnungsstätten, vom Trampen als Zivilisationskritik. Wenig Sympathie hegt er für das Fliegen: „Wie funktioniert es mit der Anpassung an die neue Umgebung, wenn das Reisen immer mehr an die Teleportierungen der Science-Fiction-Literatur erinnert,“ fragt er sich und schwärmt von der Langsamkeit als Luxus.

Neue Perspektiven auf das eigene Leben

Auch über die Auswirkungen des Tourismus hat der Schwede sich seine Gedanken gemacht: „In vielen Gebieten der Welt bedeutet Tourismus eine Entwicklung, die die Natur strapaziert und die Lokalbevölkerung um die großen Scheine bringt,“ schreibt er. Oder: „Das Uralte darf weiterleben, weil die Touristen dafür bezahlen – als wäre die Vergangenheit echter als die Gegenwart.“ Trotzdem plädiert er für das Reisen, das dabei helfen kann, den Horizont zu weiten und neue Perspektiven auf das Leben zu gewinnen. Für interessierte Leser hat er im Anhang noch Beispiele klassischer Reiseliteratur aufgelistet. Ein Buch für alle, die bewusster leben (und reisen) wollen.
Info: Per J. Andersson. Vom Schweden, der die Welt einfing und in seinem Rucksack nach Hause brachte, C.H. Beck, 304 S., 16,95 Euro, ISBN 978-3-406-72164-9

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