Viel faul in Indien
Rezensionen , Romane / 25. Mai 2022

Der Inder Rahul Raina nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn es darum geht, was faul ist im Staat Indien. Sein Roman „Bekenntnisse eines Betrügers“ ist deshalb auch nichts für naive Indien-Versteher. Indien-Kenner freilich werden Rainas Schelmenroman mit Vergnügen lesen. Denn der junge Autor nutzt jede Gelegenheit, die Schwächen des Staates zu entlarven, der sich die größte Demokratie der Welt nennt: Korruption, Kastenunwesen, Dreck, Armut und die Neigung zu Massenhysterie.  Chancenlos in der Klassengesellschaft Auch die Geschichte des jungen Ich-Erzählers Ramesh, der mutterlos bei seinem gewalttätigen Vater auf- und dank einer unerschrockenen französischen Nonne zu einem intelligenten jungen Mann heranwächst, ist eine typisch indische. Denn Ramesh, der am liebsten im Sinn seiner Wohltäterin ein Studium absolviert hätte, hat keine Chance auf einen Aufstieg in Indiens Klassengesellschaft. Erkaufte Karriere Stattdessen verhilft der hochintelligente  Ramesh aus Geldnot dem verwöhnten und faulen Söhnchen eines gut situierten Paares zu einem Abschluss als Bester der Nation.  (Gekaufte Titel sind in Indien wohl an der Tagesordnung.)  Für den dicklichen und eher dümmlichen Rudrash, genannt Rudi, beginnt damit eine atemberaubende Karriere als Quiz-Moderator. Und Ramesh profitiert als dessen Assistent vom neuen Wohlleben. Doch die Konkurrenz schläft nicht – die beiden werden gekidnappt. Sündenbock Ramesh Was dann folgt,…

Vom indischen Elefanten
Rezensionen / 14. Februar 2020

Der Subkontinent ist nach China das bevölkerungsreichste Land der Erde und wohl auch das rätselhafteste. Wie viele Reisende ist auch der Schwede Per J.  Andersson der Faszination Indiens erlegen: „Ich bin wie besessen davon, den westlichen Lesern Indiens ungeheure Vielfalt von widersprüchlichen Eindrücken zu beschreiben“, notiert er im Vorwort zu seinem Buch „Vom Elefanten, der das Tanzen lernte“. Wie auf einem anderen Planeten Als er das erste Mal in Indien war, fühlte sich der junge Mann wie auf einem anderen Planeten. Danach ist er immer wieder nach Indien zurückgekehrt, obwohl er stets „mit dem Gefühl nach Hause gereist ist, dass ich von dem Land die Schnauze voll habe“. Die Sehnsucht nach dem „anderen Planeten“ ließ ihn nicht los. Und so hat Per J.  Andersson Indien erkundet, hat mit reichen und armen Indern gesprochen, war in Bombay und in Bollywood, in Indiens Süden und im Norden des Subkontinents. Ein Land der Widersprüche In seinem Buch beschreibt er nicht nur die unendlichen Widersprüche dieses vielsprachigen Landes mit seinem verwirrenden Götterhimmel, den Kasten und den seltsamen Ritualen. Er schreibt auch über die lange Geschichte Indiens, seine Hochkultur, die englische Kolonisation, den legendären Freiheitskampf unter Mahatma Gandhi und die schmerzhafte Trennung von Pakistan, die…