Auf der falschen Spur
Rezensionen , Romane / 5. Oktober 2023

Eva Björg Ægisdóttir hat ihren Geburtsort Akranes auf die literarische Landkarte gebracht. Hier spielen ihre – erfolgreichen – Krimis. Auch „Verlogen“, der neueste Wurf der Isländerin. Hier stellt die 35-jährige Mutter von drei Kindern wieder ihr Geschick unter Beweis, die Lesenden an der Nase herumzuführen. Mord an einer jungen Mutter Vordergründig geht es um den Mord an einer jungen Frau, die als Mutter Probleme hatte. Kein Wunder, war sie doch erst 15 Jahre alt, als sie schwanger wurde. Hekla, die Tochter, wuchs zeitweise in einer Pflegefamilie auf, in der sie sich wohler fühlte als zu Hause mit der alleinerziehenden Mutter Marianna. Die Rolle der Tochter Die Ermittler Elma, Sævar und Hörður schließen nicht aus, dass Hekla ein Interesse an Mariannas Tod hatte. Denn die Mutter stand den Wünschen der inzwischen 15-jährigen Tochter immer wieder im Weg. Es menschelt im Ermittler-Team Das Ermittlerteam und ihre Recherchen bilden den verbindenden Erzählstrang. Und natürlich wirken auch innerhalb des Teams Anziehungskräfte – zwischen Elma und Sævar, während Hörður die Krebserkrankung seiner Frau zu schaffen macht. Da kann schon einiges übersehen werden, zumal sich die Erkenntnisse nicht direkt aufdrängen. Merke: Ermittler sind auch nur Menschen. Zwiespältige Muttergefühle Doch Eva Björg Ægisdóttir hat noch einen anderen…

Crazy Christmas
Allgemein / 18. Dezember 2021

Judith Merchant hat sich ein besonderes Weihnachtsgeschenk ausgedacht.  „Schweig!“ ist ein Psychothriller zur Weihnachtszeit:  Geschwisterliebe ist schon etwas besonders, und Geschwisterhass auch. Vielleicht geht das eine auch gar nicht ohne das andere. Sue und Esther sind einander jedenfalls in Hassliebe verbunden. Das zeichnet sich schon im ersten Kapitel ab, in dem es um Freiheit geht – und um das Gefühl, von der Schwester der eigenen Freiheit beraubt zu werden. Sie meint es doch nur gut Dabei scheint es doch Esther nur gut zu meinen mit ihrer lebensuntüchtigen jüngeren Schwester. So gut, dass sie noch am Tag vor Heiligabend zu ihr in das abgelegene Haus im Wald fährt, um der Einsamen ein Geschenk und eine Flasche Wein zu bringen. Beides ebenso unwillkommen wie der schwesterliche Besuch, ja sogar gefürchtet. Denn Sue fühlt sich von Esther bevormundet, wenn nicht gar tyrannisiert. Kammerspiel mit drei Personen Judith Merchant lässt die beiden Schwestern gegeneinander antreten – als Anklägerinnen und Verteidigerinnen in einer Person. Und dann ist da ja auch noch Martin, Esthers Mann, der zwar keine eigene Stimme in dem Psycho-Thriller hat – das übernimmt in seinem Fall die auktoriale Erzählerin – aber ein wichtiger Mitspieler in diesem hintersinnigen Kammerspiel ist. Denn tatsächlich ist…

Honigsüße Verbrechen
Rezensionen , Romane / 16. Dezember 2021

Tom Hillenbrand („Montecrypto“, „Qube“) ist als Autor von Wissenschaftsthrillern inzwischen über die Krimi-Schiene hinausgewachsen. Und doch haben auch die kriminellen Geschichten um Xavier Kiefer, den Luxemburger Koch mit der guten Spürnase und seine Freundin, die Gastrokritikerin Valerie Gabin, immer eine wichtige Botschaft. Der ehemalige Spiegel-Journalist hat sich gründlich in der Gourmet-Szene umgesehen und verpackt aktuelle Probleme in eine oft mörderisch spannende Geschichte. Bienensterben und Industrie Das trifft auch auf den neuesten Kiefer-Krimi  zu: In „Goldenes Gift“ greift Tom Hillenbrand die Diskussion um das Bienensterben ebenso auf wie die industrielle Honigproduktion. So mancher Imker wird den Krimi mit Unbehagen lesen, weil er darin Gefahren erkennt, mit denen auch bei uns in den nächsten Jahren zu rechnen ist. Und so manche Honigliebhaberin wird nach der Lektüre genauer hinschauen, was auf dem Etikett ihres Lieblingshonigs steht. Globale Verwicklung Mord und Totschlag wie im Krimi drohen zwar weder dem einen noch der anderen, das bleibt Kiefer und Gabin vorbehalten. Auch diesmal entgeht der allzu neugierige Koch nur knapp einem tödlichen Anschlag, als er den Mördern seines Imkers (Schneider)  auf die Spur kommt. Dass Valeries Recherchen in den USA und in Frankreich mit den mörderischen Ereignissen in Luxemburg zusammenhängen, will der Koch lange nicht wahrhaben. …

Wer ermordete Olof Palme?
Rezensionen / 28. September 2020

Olof Palme galt als einer der populärsten Ministerpräsidenten Schwedens, und sein Tod alarmierte die Welt. Bis heute ist der Mord an Olof Palme nicht aufgeklärt. War es ein Einzeltäter, der den Ministerpräsidenten erschoss oder stand ein Komplott hinter dem Mord? Roman Voosen und Kerstin Signe Danielsson haben rund um die Tat einen spannenden Krimi gesponnen, der den „größten Kriminalfall in der schwedischen Geschichte“ von verschiedenen Seiten beleuchtet. Stieg Larsson lässt grüßen Dabei greifen die Autoren auch auf Recherchen von Stieg Larsson zurück, der mit der „Millennium Trilogie“ einen Welt-Bestseller schrieb, aber auch Herausgeber eines antifaschistischen Magazins war. So erfahren die Leser ganz nebenbei auch viel über rechte Verschwörungen, über Geheimbünde beim Militär und Anti-Palme-Aktionen. Olof Palme, auch das lässt dieser Roman ahnen, war keineswegs ein Heiliger, auch er nutzte die Politik für seinen eigenen Vorteil und den seiner Familie. Das Erbe des Vaters Der Krimi spielt auf verschiedenen Zeitebenen. Im Mittelpunkt steht die Tochter eines hoch dekorierten Militärs, der womöglich am Palme-Mord beteiligt war. Weil Stina Forss wissen will, was vor 33 Jahren wirklich geschehen ist, wird sie selbst das Opfer mehrerer Anschläge, die sie einäugig überlebt. Bei ihren Recherchen wird die Polizistin von Kollegen unterstützt, vor allem von ihrer…

Der Autor und sein Kommissar
Interview / 22. Dezember 2019

Holger Karsten Schmidt hat gerade den Bayerischen Filmpreis bekommen, im Fernsehen laufen seine Harzkrimis mit großem Erfolg ebenso wie die Reihe Nord bei Nordwest.  Aber der Drehbuchautor kann auch anders. Kennengelernt habe ich ihn als Gil Ribeiro in Portugal.  Hier habe ich auch mit ihm über Drehbücher gesprochen und darüber, warum er als Gil Ribeiro einen deutschen Kommissar mit Asperger Syndrom nach Portugal schickt. Zuerst einmal: Sie heißen eigentlich Holger Karsten Schmidt und sind unter diesem Namen als Drehbuchautor bekannt. Unter anderem haben Sie für den Tatort die Charaktere der Stuttgarter Ermittler Lannert und Bootz entwickelt und die Reihe Nord bei Nordwest. Drei Mal haben sie bisher den renommierten Grimme-Preis erhalten, zuletzt für das Filmdrama „Das weiße Kaninchen“. Und nun haben sie drei Krimis unter dem Namen Gil Ribeiro geschrieben. Wozu das Pseudonym? Holger Karsten Schmidt  Ich habe unter meinem Namen ja auch noch den Mittelalter-Roman Isenhart verfasst. Unter dem portugiesisch klingenden Gil Ribeiro beginne ich eine neue Karriere als Autor von Krimis, die in Portugal spielen. Gil Ribeiro ist ein offenes Pseudonym. Das heißt, ich mache keinen Hehl daraus, wer dahinter steht. Ihr Kommissar Leander Lost hat Asperger. Wie Greta Thunberg, die junge Klimaschutz-Aktivistin aus Norwegen. Aber Leander trat…

Jäger des verlorenen Schatzes
Rezensionen / 27. Januar 2017

Da hat Krimi-Spürnase Tom Hillenbrand wieder einmal eine spannende Geschichte zusammengerührt. Es geht um verschlüsselte Botschaften in einem alten Gastroführer, um eine vergessene Geschichte aus dem 2. Weltkrieg, um skrupellose Politik und rivalisierende Geheimdienste – und natürlich auch um kulinarische Geheimnisse. „Gefährliche Empfehlungen“ heißt der neue Krimi um den kriminalistisch begabten Koch Xavier Kieffer. Diesmal wird der Luxemburger zum Jäger eines verlorenen Schatzes. Er muss seiner Freundin, der Herausgeberin des Traditions-Gastroführers, zur Seite springen – und gerät dabei beinahe unter die Räder. Kieffer darf nicht sterben  Aber Kieffer darf nicht sterben. Sonst wären wir ja um einen der originellsten Ermittler ärmer. Und Tom Hillenbrand hat sicher noch ein paar Rezepte in der Hinterhand, wie sich Kulinarik und Krimi verbinden lassen. Diesmal jedenfalls steht der Gastroführer „Gabin“ im Mittelpunkt, besser eine Ausgabe aus dem Jahr 1939. Sie scheint ein tödliches Geheimnis zu bergen. Aber was ist so wichtig, dass man 70 Jahre nach Kriegsende noch Menschen umbringt? Xavier Kieffer macht sich auf die Suche bei den Bouquinisten in Paris, in Museen und Küchen – und kommt einer Verschwörung auf die Spur, die bis ins höchste Amt Frankreichs führt. Kein Respekt vor großen Namen  Auf rund 410 Seiten hat Tom Hillenbrand reichlich…