Im Corona-Exil
Rezensionen , Romane / 9. Juni 2022

Gary Shteyngart  war noch ein Kind, als seine Eltern aus Leningard, dem heutigen St. Petersburg in die USA emigrierten.  Die Welt der russischen Emigranten hat ihn nie losgelassen. Ebenso wenig wie die Neigung zur Selbstparodie.  Beides gilt auch für seinen neuen Roman „Landpartie“. Freunde mit Migrationshintergrund Die Pandemie wütet in der Stadt, und der russisch-stämmige Schriftsteller Sasha Senderovsky hat mit seiner Frau Masha und der chinesischen Adoptivtochter Nat Zuflucht in seinem Landhaus gesucht. Zur Unterhaltung hat er ein paar Freunde aus alter Zeit in die zum Haus gehörenden Bungalows eingeladen. Bis auf seine ehemalige Schülerin Dee haben sie alle auch Migrationshintergrund: der koreanische Dandy Ed, die ebenfalls aus Südkorea stammende Dating-App-Erfinderin Karen und Vinod, den Sohn indischer Immigranten. Der Gastgeber führt Regie Zu dieser illustren Intellektuellen-Runde stößt später noch ein berühmter Schauspieler, der dabei helfen soll, Senderovskys neuen Roman zu verfilmen. Das ist die Ausgangsbasis von Gary Shteyngarts neuem Roman, einer klugen Gesellschaftssatire vor dem Hintergrund von Corona und Trump. Zwar weckt das Setting Erinnerungen an Boccaccios Klassiker Decamerone. Aber bei Shteyngart, der mit Senderovsky Alter und Beruf gemein hat, finden die erotischen Abenteuer, die teilweise überraschende Wendungen nehmen, erst statt. Und bei einigen führt der Gastgeber selbst Regie. Tschechow…