Zuviel auf einmal
Rezensionen / 25. September 2018

Mit seinem Roman „Das kalte Blut“ hat der deutsche Filmemacher mit baltischen Wurzeln Chris Kraus der Literaturwelt einen schwer verdaulichen Brocken Vergangenheitsbewältigung hingeworfen. Eine furiose, wütende Abrechnung mit der deutschen (und der baltischen) Geschichte, die nach Kraus‘ Meinung noch lange nicht abgeschlossen ist. Nun legt er mit „Sommerfrauen, Winterfrauen“ nach.  Doch so richtig funktioniert es diesmal nicht. Als Liebes- und Künstlerroman getarnt Zwar spielt diese als Liebes- und Künstlerroman getarnte Geschichte in den 1990er Jahren in New York und ermöglicht die absurdesten Begegnungen in der von der eigenen Vergangenheit trunkenen Szene: „Ich merke: New York manifestiert sich für mich in diesem gefräßigen, milchsaufenden Gargantua, dieser zypklopischen Extunte, mit der ich eine Ruine von Wohnung teile und die all die Schmerzen, all den Wahnsinn, alle Möglichkeiten dieser Stadt verkörpert.“ Zwar philosophiert Kraus‘ Protagonist, der zwischen seiner vietnamesischen Freundin Mah und der quirligen Goethe-Institut-Praktikantin Nele hin und her gerissene Jonas Rosen, über Winterfrauen („Sie wohnt in ewigem Permafrost… Verantwortungsvoll und groß ist sie im Schmieden von kleinen Plänen. Zuverlässig.“) und Sommerfrauen („Sie war gleichzeitig extrem zurückhaltend und völlig ohne Schüchternheit. Ein Rätsel.“). Rosa von Praunheim lässt grüßen Aber auch hier drängt sich eine Episode aus dem Dritten Reich ins Zentrum: Rosen, von…