Vom indischen Elefanten

14. Februar 2020

Der Subkontinent ist nach China das bevölkerungsreichste Land der Erde und wohl auch das rätselhafteste. Wie viele Reisende ist auch der Schwede Per J.  Andersson der Faszination Indiens erlegen: „Ich bin wie besessen davon, den westlichen Lesern Indiens ungeheure Vielfalt von widersprüchlichen Eindrücken zu beschreiben“, notiert er im Vorwort zu seinem Buch „Vom Elefanten, der das Tanzen lernte“.

Wie auf einem anderen Planeten

Als er das erste Mal in Indien war, fühlte sich der junge Mann wie auf einem anderen Planeten. Danach ist er immer wieder nach Indien zurückgekehrt, obwohl er stets „mit dem Gefühl nach Hause gereist ist, dass ich von dem Land die Schnauze voll habe“. Die Sehnsucht nach dem „anderen Planeten“ ließ ihn nicht los. Und so hat Per J.  Andersson Indien erkundet, hat mit reichen und armen Indern gesprochen, war in Bombay und in Bollywood, in Indiens Süden und im Norden des Subkontinents.

Ein Land der Widersprüche

In seinem Buch beschreibt er nicht nur die unendlichen Widersprüche dieses vielsprachigen Landes mit seinem verwirrenden Götterhimmel, den Kasten und den seltsamen Ritualen. Er schreibt auch über die lange Geschichte Indiens, seine Hochkultur, die englische Kolonisation, den legendären Freiheitskampf unter Mahatma Gandhi und die schmerzhafte Trennung von Pakistan, die zu Tausenden von Toten, langen Flüchtlingsströmen und einer tief verwurzelten Feindschaft führte. In den langen Jahren, in denen er immer wieder nach Indien reiste, lernte der Schwede ein Land kennen, das in der Weltgemeinschaft immer noch unterschätzt wird.

Die Demokratie als Erfolgsgeschichte

Für Per J.  Andersson ist die größte Demokratie der Erde eine Erfolgsgeschichte, die zwar nicht so perfekt und glatt verläuft wie der Aufstieg Chinas zur Wirtschaftsmacht, die dafür aber nachhaltig ist. Das liest sich angesichts der Slums und der Menschen, die auf der Straße schlafen, ziemlich optimistisch. Aber der Autor untermauert seine Ansichten auch. Er schreibt über weibliche Widerstandsbewegungen in dem Land, das mit Vergewaltigungsorgien in die Schlagzeilen geraten ist. Er schreibt über Dalits, Menschen der untersten Kaste, die es an die Universitäten und in die Politik geschafft haben. Über Dorfräte im kommunistischen Kerala, den Kampf gegen den allgegenwärtigen Müll und großartige Natur: „Eine skandinavische Landschaft mag ordentlich aussehen, doch die biologische Vielfalt ist durch intensive Wald- und Landwirtschaft verkümmert. Eine indische Landschaft mag schrecklich aussehen, ist aber deutlich abwechslungsreicher.“

Elefant auf der Zielgeraden

Indien werde gern mit einem Elefanten verglichen, weiß Per J. Andersson, „groß, klobig und langsam“. In seinem lesenswerten Buch versucht er zu zeigen, dass dieser Elefant langsam aber sicher vorankommt, ja, dass er das Tanzen lernt. Man muss kein Indienfan sein, um nach der Lektüre dieses Buches von einer Indien-Reise zu träumen…
Info: Per J.  Andersson. Vom Elefanten, der das Tanzen lernte, C.H. Beck, 335 S., 16,95 Euro

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