Brunetti resigniert
Rezensionen / 18. Mai 2018

Bei Donna Leon rechnet man schon lange nicht mehr mit einem deftigen Krimi. Auch Brunettis 27. Fall macht da keine Ausnahme. Ja, es kommt ein Opfer vor. Aber lange wissen weder Brunetti noch die Leser wie der harmlose Buchhalter zu Fall gekommen ist. Der neue Fall reicht bis ins Privatleben Viel mehr Raum als die Ermittlungen in diesem Fall, der noch dazu das Privatleben des Commissario berührt, weil die Frau des Opfers mit Brunettis Ehefrau Paola befreundet ist, interessieren in diesem Buch der Alltag im von Touristen überrannten Venedig, das erstaunlich stabile Privatleben der Brunettis, die Intrigen rund um den Vize-Questore Patta, die Widersprüche in der Gesellschaft oder auch die Rolle der ebenso attraktiven wie rätselhaften Signorina Elettra, deren Schönheit nur vergleichbar ist mir der von Claudia Griffoni, der temperamentvollen Neapolitanerin. Beide Damen übrigens Brunetti herzlich zugetan. Wer versucht hier wen? So könnte der Titel „Heimliche Versuchung“ auch auf mögliche Techtelmechtel des Familienvaters mit einer der beiden Schönheiten hinweisen. Da legt Donna Leon gekonnt eine Fährte, die in die Irre führt. Eigentlich es geht um ganz andere Dinge, oberflächlich banale Unregelmäßigkeiten, die dem Staat viel Geld kosten. Wie entscheidet sich der Staatsdiener Brunetti? Für die Menschlichkeit oder für die Staatstreue?…

Wer war Jack Kerouac?
Rezensionen / 18. Mai 2018

„Für Leser in meinen Alter war Kerouac unsere eigene Stimme, das Sprachrohr unserer Seele, und in meiner Erinnerung bliebt er das bis ans Ende aller Tage – denn was sins Schriftsteller anderes als der Inbegriff der Zeit, in der sie uns begegnen, und das von da an für alle Ewigkeit?“ Er war das Beatnik-Idol, ohne ihn hätte man sich einen Bob Dylan,einen Donovan, wohl nicht vorstellen können: Jack Kerouac hat mit seinem Roman „On the Road“ das Lebensgefühl der Beat Generation eingefangen. Jetzt hat Anthony McCarten mit seinem Roman „Jack“ zugleich eine Annäherung und eine Distanzierung zu und von diesem „King of the Beats“ versucht, der im Alter von 47 Jahren starb – zerstört von Drogen und Alkohol. Gefährlicher Erfolg Der Roman, der Kerouac groß machte, trieb ihn auch in den Untergang. „Unterwegs“, so die deutsche Fassung von „On the Road“ ist autobiographisch geprägt, neben Kerouac selbst treten auch seine damaligen Freunde und Weggefährten auf: Allen voran Neal Cassady als Dean Mariarty. Hinter Carlo Marx wird Allen Ginsberg vermutet, hinter Old Bull Lee William S. Burroughs. Sind diese Romanfiguren tatsächlich identisch mit ihren realen Vorbildern? Eine Frage der Identität Auch Anthony McCarten geht es in seinem Roman vor allem um…

Gut gemeint
Allgemein / 2. Mai 2018

„Jetzt rüsten alle wieder auf. Die Nationale Alternative will ein neues Bündnis mit Russland. Und die europäische Währung, der Euro, der ist in Deutschland, wie fast überall wieder Geschichte.“ Ganz so abwegig ist die Ausgangshandlung in Martin Schäubles Dystopie „Endland“ nicht. Längst sind Dinge wieder vorstellbar, die Jahrzehnte tabu waren. Insofern ist dieser Jugendroman über die Flüchtlingsproblematik von beklemmender Aktualität. Zwei gegensätzliche Perspektiven  Der Politikwissenschaftler Schäuble erzählt aus zwei Perspektiven: Da ist Fana, die junge Äthiopierin, die in Deutschland ihr ehrgeiziges Ziel, Medizin zu studieren, erreichen will. In ihrer Heimat hätte sie dazu keine Chance.  Auf der anderen Seite stehen die zwei Bundeswehrsoldaten Noah und Anton, die an der Grenze zwischen Deutschland und Polen stationiert sind. Während Noah regimekritisch die Ausrichtung der neuen Politik nicht nur hinterfragt sondern auch torpediert, steht Anton treu zur nationalistischen Regierung. Ein perfider Plan wird vereitelt Und dann wird ausgerechnet er ausgewählt, als Flüchtling getarnt in einer Auffangstation Unruhe zu stiften und ein Attentat zu verüben.  Doch Fana und Noah machen den perfiden Planern einen Strich durch die Rechnung – und Anton zum Dissidenten. Soweit so gut und durchaus auch spannend, wenn auch – glücklicherweise – (noch) fern er aktuellen Realität. Zu wenig  Grautöne  Was…

Baldwins schwarze Familiengeschichte
Rezensionen / 2. Mai 2018

James Baldwins „Von dieser Welt“ ist eine Familiengeschichte, die für viele andere in den 1930er Jahren stehen könnte. Der schwarze Schriftsteller, der als einer der wichtigsten amerikanischen Autoren des 20. Jahrhundert gilt, erzählt in dem halb-autobiographischen Roman die Geschichte des jungen John Grimes, der in die Fußstapfen seines Stiefvaters Gabriel als Laienprediger treten soll. Erweckungserlebnis in der Hinterzimmerkirche  Baldwin bettet diese Geschichte in die Gebetsversammlung in einer Hinterzimmerkirche in Harlem ein, wo der 14-jährige John sein Erweckungserlebnis erfahren soll. Zwischen dem Beginn der Andacht und Johns Kniefall schildert Baldwin in drei Kapiteln das Leben von Johns Stiefvater, seiner Tante Florence und seiner Mutter. Keine Zeit für den pubertierenden Sohn  Der Stiefvater ist ein eifernder Laienprediger, der als Fabrikarbeiter kaum seine Familie ernähren kann und von Schuldgefühlen geplagt wird, weil er seinen außerehelichen Sohn im Stich gelassen hat. Vor seiner eigenen „Erweckung“ hat Gabriel selbst keine Sünde ausgelassen. Umso strenger maßregelt er seinen Stiefsohn, diesen unsicheren kleinen Kerl, der lieber liest als sich mit Gleichaltrigen prügelt. Die Mutter ist mit dem fünften Kind schwanger und hat weder Zeit noch Geduld für die Sorgen ihres pubertierenden Sohnes, die Frucht ihrer großen Liebe. Und die Tante hat sich zwar von ihrer Familie und…

Liebe überwindet Grenzen
Rezensionen / 2. Mai 2018

Mara ist als Austauschschülerin in Taos/New Mexiko. Die 17-Jährige mit den feuerroten Haaren ist ein Mädchen wie viele andere, aber das Jahr in Taos wird sie für immer verändern. Denn statt mit ihrem Freund Nils auf Erkundungstour zu gehen, macht sie sich allein auf eine Entdeckungsreise. Nils hat eine Neue, hat ihr die Freundin gesteckt. Und Mara ist trotzig entschlossen, den Treulosen zu vergessen. Kayemo ist anders als die anderen Jungs  Das gelingt schneller als erwartet, denn am Straßenrand liest sie den verletzten und leicht verwirrten Indianerjungen Kayemo auf. Sie hilft ihm, wieder auf die Beine zu kommen – und begleitet ihn schließlich sogar in die Abgeschiedenheit der Berge, dorthin, wo Kayemo aufgewachsen ist. Längst hat sich Mara in den geheimnisvollen Jungen verliebt, der so ganz anders ist als die Jungs, die sie kennt. Kayemo lebt in und mit der Natur, betet zu Vater Sonne und hat eine Berglöwin zur Freundin.  Doch sein Leben ist alles andere als heil: Der Vater hat die Familie schon vor langer Zeit verlassen,  die depressive Mutter hat Selbstmord begangen, der demente Großvater wurde in ein Heim verfrachtet, und selbst in den Bergen ist Kayemo nicht sicher. Als Mara ihn fand, war er angeschossen worden….