Rache à la Margaret Atwood
Rezensionen , Romane / 5. Mai 2025

„Hieb und Strich“ ist nur ein kleines Buch, aber es hat‘s in sich. Geschrieben hat die hintersinnige Geschichte um vier ältere Damen die Kanadierin Margaret Atwood. Mit dem „Report der Magd“ hat sie Weltruhm erlangt, und immer wieder fällt auch ihr Name, wenn es um den Literaturnobelpreis geht. Denn Atwood, Jahrgang 1939, lässt sich nicht auf den Bestseller reduzieren. Die engagierte Feministin und Umweltaktivistin hat im Lauf ihren langen Lebens wichtige Preise eingeheimst wie den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels oder den Booker Prize. Atwood schreibt Lyrik, Romane, Essays und Kurzgeschichten. Ihre Bücher wurden in mehr als 30 Sprachen übersetzt. Viel Engagement Bis heute mischt sich Margaret Atwood ein, gegen die globale Erwärmung und für die Gleichberechtigung von Frauen. Unter dem Titel „Brennende Fragen“ erschien 2023 im Berlin Verlag ein Sammelband mit Essays und „Gelegenheitsarbeiten“. Spitzzüngig und unbeirrt verteidigt sie darin unter anderem ihr Klima-Engagement: Zeit für Härte „Schon hart, Schlafwandler aus ihrer Trance zu wecken. Alle würden lieber hören, dass alles gut wird, nichts passieren kann, wir alle nette Leute sind und niemand je an irgendetwas die Schuld trägt – und vor allem, dass wir weiterhin folgenlos tun können, was wir nur wollen, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, unseren…

Erkundungen im Untergrund
Reisebücher , Rezensionen / 5. Mai 2025

Paolo Rumiz ist ein eigenwilliger Autor, auf Erkundungen bis an den Rand der Welt scheut er keine Strapazen. Das gilt auch für sein neues Buch „Eine Stimme aus der Tiefe“, für das er von den Liparischen Inseln bis ins Friaul die unsicheren Grundfesten Italiens erkundet hat: „Eine Welt, bestehend aus Vulkankratern, Bergwerken, Karstquellen Katakomben, Miasmen, ein Labyrinth von Tunneln, U-Bahnen, Gefängnissen, Krypten mit den Sarkophagen von Heiligen, unerforschten Brunnen, Meeresböden voller Relikte, Waffen aus alten Kriegen…“ Mit Aladins Lampe Rumiz ist den Geheimnissen dieses weitläufigen Labyrinths auf der Spur, dieser Stimme aus der Tiefe, einer „Dark Symphonie“. Er besteigt Vulkane, klettert in Höhlen, besucht die Katakomben in Rom und erkundet still gelegte Bergwerke: „Ich war der Sohn einer bebenden Erde. Ich gehörte zu ihr und wollte einen Blick in ihr Inneres werfen. Mit Aladins Lampe hineingehen.“ Trip durch die Tiefe Und weil Paolo Rumiz auch ein großartiger Erzähler ist, kann er über seine Entdeckungen so spannend schreiben, dass man ihm auf seinem Trip durch die Tiefe nur zu gern folgt. Da tun sich allerdings noch mehr Abgründe auf, die der Autor beim Namen nennt: Die mafiösen Strukturen beim Wiederaufbau nach Erdbeben oder die Empathielosigkeit der Gesellschaft in der Flüchtlingsfrage. Dazu…

Halligen-Alltag
Reisebücher , Rezensionen / 5. Mai 2025

Einem „einzigartigen Ort“, der Hallig Hooge, hat der Journalist Jan Keith seine Kolumnen in der Zeitschrift „mare“ gewidmet. 37 persönliche Hooge-Geschichten liegen nun gesammelt unter dem Titel „Meine Hallig Hooge“ in einem von Orlando Hoetzel charmant illustrierten Büchlein vor. Verfasst wurden sie zwischen 2018 und 2024 – fast 30 Jahre, nachdem Jan Keith eine unbeschwerte und unvergessliche Musikfreizeiten auf der Hallig genossen hatte. Aliens auf Hooge Für die Kolumnen ist er in die Welt zurückgekehrt, „in der ich mich fühlte wie ein junger Könige bei der Mannwerdung“. Diese enge Beziehung prägt auch seine heutige Sicht auf die Hallig, auf der gerade mal 100 Menschen leben, darunter Katja Just, die aus Bayern auf die Hallig kam und dort zur Bürgermeisterin gewählt wurde. Leicht war der Einstieg nicht, wie Just dem Journalisten verrät. Und Keith kann es nachvollziehen: „Wir sind zwei Aliens auf Hooge.“ Dorf ohne Sheriff Kein Wunder, die isolierte Lage der Hallig schweißt die Menschen zusammen. Da tun sich Fremde schwer mit der Integration. Kleinlich sind die Hooger zwar nicht, was kleine Vergehen angeht – „Hooge ist wie ein Dorf ohne Dorfsheriff“. Aber wer hier heimisch werden will, braucht schon einen langen Atem und viel Verständnis für die Traditionen. Oder…

Lügen und Intrigen
Kinderbücher , Rezensionen , Romane / 5. Mai 2025

Martin Suter kann das: Wendungsreiche Geschichten bauen, die bis zum Ende überraschen. Das gilt auch für seinen neuen Roman Wut und Liebe . Zwar fällt es anfangs etwas schwer, die existentielle Krise der schönen Camilla nachzuvollziehen. Sie liebt zwar den erfolglosen Künstler Noah, sagt sie, aber nicht das Leben mit ihm. Das stellt sie sich anders vor, luxuriöser. Und deshalb verlässt sie Noah, um mit einem älteren, gut situierten Bonvivant ihr Glück zu versuchen.  Dass sie damit Noah fast das Herz bricht, scheint sie kaum zu interessieren. Unsichere Kantonisten Doch das ist nur der Anfang dieses Romans, in dem Suter noch einige Protagonisten vorstellt, denen nicht zu trauen ist. Da wäre die frustrierte Betty, die Noah in einer Bar kennenlernt und die ihm von ihrem verstorbenen Partner vorschwärmt, der von seinem Kompagnon bis zum Herztod „ausgebeutet“ worden sei. Ihre Wut auf diesen, einen alerten Unternehmer namens Zaugg, geht soweit, dass sie dessen Mörder mit einer Million Franken alimentieren würde. Für den mittellosen Künstler Noah, der die verwöhnte Camilla zurück erobern will, durchaus eine Option. Die Reichen und Schönen Und so gerät Noah immer mehr in Bettys Bannkreis, während Camilla erkennen muss, dass man selbst besten Freundinnen nicht trauen kann. Auch…