Der alte Baum und die Hoffnung
Rezensionen / 1. Dezember 2018

Natürlich ist das ein Märchen. Denn Bäume können nicht sprechen. Aber fühlen schon. Und deshalb ist dieses Buch so wichtig, weil es teilhaben lässt an den Gefühlen eines von der Fällung bedrohten Baums. Rot heißt dieser Baum, und seit langer Zeit schon ist er der Baum der Wünsche.  Einmal im Jahr kommen Alte und Junge, um ihre Wünsche an Rots Zweige zu hängen. Eine Heimat für viele Tiere Dann verstecken sich die Tiere, die sich in Rots Zweigen und Wurzeln wohnhaft eingerichtet haben; die Waschbären und die Stinktiere, die Beutelratten und die Eulen. Nur die Rabenfrau Bongo harrt aus. Bongo ist Rots beste Freundin.  Auch der Baum der Wünsche braucht nämlich Freunde. Rot weiß das: „Man verbringt seine Zeit sinnvoll, wenn man anderen ein Gefühl der Sicherheit gibt,“ sagt der Baum und freut sich, wenn die Tierkinder auf ihm herumklettern. Ungeliebte Nachbarn Und da ist auch noch Samar, das türkische Mädchen, das vor kurzem mit ihren Eltern in eines der Häuser gezogen ist, in deren Gärten Rot seine Wurzeln ausstreckt. Die Familie im Nebenhaus reagiert eher feindselig auf die Neuankömmlinge – bis auf den Sohn Stephen. Und ein Junge ritzt gar „Geh weg“ in den Baum der Wünsche, eine Wunde…

Rollentausch auf Reisen
Rezensionen / 1. Dezember 2018

Jules Verne ließ seinen Phileas Fogg in 80 Tagen die Welt umrunden: Tobi und Alexandra schaffen das in 8 Tagen.  Und das kam so:  Ausgerechnet Alexandra, die Tobi nicht nur als Torwart, sondern auch bei den Schulnoten aussticht, bietet ihm eine Wetter an.  Sie würden in 8 Tagen um die Welt reisen  – mit den Freimeilen ihres Vaters und dessen Kreditkarte. Und Tobi lässt sich das Abenteuer nicht entgehen. Erste Lektionen über das Fliegen Ein Abenteuer wird Tobis erste Flugreise dann tatsächlich, Tobi lernt Flughäfen kennen und allerhand über das Fliegen. Da erweist sich Alexandra, Tochter eines Flugkapitäns und einer Flugbegleiterin als versierte Vielfliegerin.  Sie weiß auch, dass man auf Flughäfen keine Päckchen von fremden Personen annimmt,  auch wenn die noch so sympathisch wirken.  Und Tobi staunt und staunt.  Sogar in der Business fliegen die beiden zwischendurch.  Aber dann geht doch einiges schief, die beiden stranden auf den Azoren – ohne Kreditkarte und ohne Flieger. Jetzt wird Tobi zum Helden Und plötzlich wird Tobi zum Helden.  Er entdeckt die Macht von Social Media: „An den Likes konnte man sehen, dass die Delfine die Besucherzahlen meines Blogs noch einmal in die Höhe getrieben hatten. Delfine waren scheinbar noch besser als katzenfotos,…

Im Gefühlslabyrinth
Rezensionen / 1. Dezember 2018

Gefühle sind flüchtig und manchmal auch schwer nachvollziehbar. Eben ist man noch total verliebt und voller Optimismus, was die Partnerschaft angeht. Und im nächsten Moment überkommen einen Zweifel, ob der Partner wirklich der richtige ist. Dann stört selbst das, was man sonst charmant oder liebenswert findet. Kurz, man hat  gemischte Gefühle. So heißt auch der Roman von Katherine Heiny, in dem sie mit Pinzette und Skalpell die Beziehung von Graham und Audra seziert, die durch den leicht autistischen Sohn Matthew nicht ganz einfach ist.  Wie auf einem anderen Planeten Heiny erzählt aus der Perspektive von Graham, der eigentlich ganz zufrieden ist mit seinem Familienleben. Aber eben nur eigentlich. Audra ist Grahams zweite Frau und 15 Jahre jünger. Manchmal hat er das Gefühl, sie lebe auf einem anderen Planeten. Trotzdem oder gerade deshalb liebt er Audra. Schließlich verbindet die beiden nicht nur das gemeinsame Leben, sondern auch die gemeinsame Sorge um Matthew. Doch als Graham entdeckt, dass Audra ein Leben außerhalb ihrer Ehe hat und als Elspeth, Grahams erste Frau, wieder Zugang zu seiner Welt findet, gerät Grahams Gefühlsleben völlig durcheinander,  gemischte Gefühle eben: „Er musste dran denken, dass Audra ein Satinnachthemd trug und Elspeth ein Tank Top und eine Pyjama-Hose…

Hauptsache Draußen
Rezensionen / 1. Dezember 2018

Bewundernswert ist die Leistung von Christine Thürmer schon, auch wenn die 12 000 Kilometer Abenteuer in Europa, die sie in dem Buch „Wandern, Radeln, Paddeln“ beschreibt, nicht unbedingt zum Nachahmen einladen. Denn die Autorin, die 2007 ihr normales Leben als Geschäftsführerin aufgegeben hat, um auf den amerikanischen Trails unterwegs zu sein, ist für ihre „Outdoor-Karriere“ als moderne Nomadin mit minimalistischem Gepäck unterwegs – Zahnbürste ja, Kamm nein. Hab und Gut  in einer Lagerbox Ihr ganzes Hab und Gut, das meiste Outdoor-Equipment, passt in eine Lagerbox. Auch die meisten ihrer neuen Freunde sind Outdoor-Freaks wie sie, die sich auch von Sturzregen und Stürmen nicht abschrecken lassen. Beides erlebt Christine Thürmer auf ihrer Wanderung von Berlin zum südlichsten Punkt Europas ebenso wie bei ihrer Radreise durch Polen und das Baltikum nach Finnland und bei ihrer Paddeltour durch Schweden. In Europa ist manches anders Bald stellt sie fest, dass in Europa so manches anders ist als in den USA: „In jeder größeren Stadt stoße ich hier auf irgendein Schloss oder Museum und mindestens ein halbes Dutzend interessante Kirchen und Baudenkmäler. Und damit wird es zeitlich eng.“ Also plant Christine Thürmer mehr Zeit zum Sightseeing ein. Gar nicht so einfach, wenn sie entweder verschwitzt…

Abgründe im religiösen Wahn
Rezensionen / 1. Dezember 2018

Dieser Sörensen ist kein fernsehgerechter Ermittler. Zu depressiv, zu eigenbrötlerisch. Vielleicht macht gerade das den Erfolg des ersten Sörensen-Krimis aus.  Nach „Sörensen hat Angst“   legt  Sven Stricker   mit „Sörensen fängt Feuer“ nach. Eine blinde junge Frau im Nachthemd Es ist kurz vor Weihnachten in Katenbüll, wo die Leute noch immer unter dem Missbrauchskandal leiden, den der neue Kriminalkommissar Sörensen aufgedeckt hatte. Und dann das: Eine junge Frau im Nachthemd läuft dem Gelegenheitsmusiker Ole Kellinghusen vors Auto. Jette ist nicht nur völlig abgemagert, sondern auch blind – und sie will nichts über ihre Herkunft verraten. Sörensen und seine Kollegin Jennifer nehmen die junge Frau in ihre Obhut. Der Kommissar kämpft mit den Nerven Nein, dies ist keine Neuauflage des Fritzl-Falls, in dem ein Vater seine Tochter im Keller eingesperrt und über Jahre vergewaltigt hat.  Hier geht es um etwas anderes,  um religiösen Wahn.   Schnell  überstürzen sich die Ereignisse. Ein Mann wird erstochen im Wohnzimmer des Hauses aufgefunden, aus dem Jette entkommen ist. Der Kommissar, noch von seinem ersten Fall gebeutelt und gerade dabei, die Psychopharmaka abzusetzen, kämpft mit den Nerven. Eine Mauer des Schweigens Die Menschen in der Umgebung des Mordhauses weigern sich, vor der Polizei Aussagen zu machen. Dann gibt es…