Meditatives Strandsammeln
Reisebücher , Rezensionen / 25. März 2024

Die Strandsammlerin ist Sally Huband und so heißt auch ihr Buch, in dem sie über ihr Leben auf den Shetland-Inseln erzählt. Nach ihrer Heirat und der Geburt ihrer zwei Kinder hat Sally nach einem neuen Lebensinhalt gesucht. Die Arbeit bei einer Naturschutzbehörde hatte sie aufgeben müssen. Aber nur Mutter zu sein befriedigte die engagierte Naturschützerin und überzeugte Feministin nicht. Eine dicke Schicht Plastikmüll So entdeckt sie das „Beachcombing“, das Strandsammeln. Dabei geht es nicht darum, möglichst viele Strände zu sammeln, also zu besuchen, sondern darum, was man an den Stränden findet. Vor allem Plastik, das muss auch Sally erkennen: „Ein Ende des Strandes war mit einer dicken Schicht von angespültem Plastikmüll bedeckt“, schreibt sie: „Ich fand das abstoßend, aber Martin marschierte direkt auf den Müll zu und bückte sich, um einen gebogenen Plastikstreifen aufzuheben, auf den ein Code gedruckt war – damit wurden Hummerfallen aus Neufundland oder Labrador gekennzeichnet, wie er mir erklärte.“ Martin Heubeck koordinierte die Registrierung der gestrandeten toten Vögel, die meist an Plastik elendiglich zugrunde gingen – und Sally findet eine neue Aufgabe. Die sagenhafte Seebohne Doch an den Stränden entdeckt sie nicht nur Unmengen von Plastik, sondern auch Schätze aus der Natur wie Treibsamen. Sally, die…

Lust auf Europa
Reisebücher , Rezensionen / 20. März 2024

Man muss nicht den Kontinent verlassen, um Neues zu entdecken und viel zu erleben. Das bestätigt auch Lonely Planet mit „Die besten Kurztrips durch Europa“. Denn Europa ist vielfältig – zwischen Süd und Nord, zwischen Ost und West gibt es nicht nur 47 Staaten mit höchst unterschiedlicher Geschichte und Kultur, es gibt quirlige Städte und einsame Landschaften, Berge und Seen, Meere und Inseln. Viel zu viel für 330 Seiten. Da mussten die – französischen – Autorinnen und Autoren eine enge Auswahl treffen. Aber warum weder französische noch deutsche Ziele in dem Buch zu finden sind, erklärt das nicht. Quer durch den Kontinent Der Süden Europas wird bestimmt von Spanien, Portugal, Italien, Dalmatien und Griechenland. Auch ein paar Inseln sind dabei – und Istanbul, die Stadt auf zwei Kontinenten. Im Kapitel „Der Westen“ versammeln sich Belgien, die Niederlande, Luxemburg und – warum auch immer – die Schweiz. In der Mitte findet man dagegen Polen, die Slowakei, Slowenien, Rumänien, Bulgarien und – Überraschung! – Österreich.  Eher erwartbar sind die Ziele im Norden: England, Schottland, Irland, natürlich auch Schweden, Norwegen, Finnland, Island und die baltischen Staaten. Besonderheiten und praktische Tipps Soviel zur Geographie-Einteilung. Alle 75 Kurztrips haben ihre Besonderheiten und sind mit praktischen…

Futter fürs Fernweh
Reisebücher , Rezensionen / 29. Februar 2024

Helge Sobik ist weit gereist und welterfahren. Das spürt man in jeder Zeile seiner poetischen Reise-Miniaturen. Auch wenn man den Titel „Gestrandet“ nicht ganz so wörtlich nehmen sollte. Denn Sobik hat seine Aufenthalte oft genug auch freiwillig verlängert, weil es einfach so schön war vor Ort, weil der Abschied zu schwer fiel. Und es sind auch nicht immer nur Strände, an denen diese modernen Robinsonaden spielen. Städte sind ebenso darunter wie Wüsten, Berge und Flusslandschaften. Überall Außergewöhnliches Kein Kontinent, den Helge Sobik nicht bereist hat und kein Ort, dem er nicht Geheimnisvolles, Außergewöhnliches entlocken konnte. Wer noch Futter fürs Fernweh braucht, hier findet er es. Denn wer wäre nicht gern dabei, wenn auf Djerba die Nacht Klänge, Gerüche und Geschmack hat oder beim schönsten Sonnenuntergang auf der griechischen Insel Folegandros? Wer würde nicht gern erfahren, warum das Grau des venezianischen Winters etwas „Endzeitlich-Unwirkliches“ hat? Genuss ohne Zeitlimit Und doch bleiben viele der schönsten Erfahrungen den meisten Reisenden verwehrt. Helge Sobik weiß auch, warum. Weil viele Umwege scheuen, weil sie Angst vor dem Unbekannten haben oder weil sie – wie in Tunis – „Tausendundeine Nacht nur am Tage suchen“.  Er weiß auch, wie wichtig es ist, den deutschen Zeitbegriff auf Reisen…

Der Tanz der Polarlichter
Reisebücher , Rezensionen / 20. Februar 2024

Bernd Römmelt feiert im gleichnamigen Bildband den Sonnenzauber am Nachthimmel (srt). Er fotografiert Polarlichter in allen Farben, in allen Formen: Seiner eigenen Einschätzung nach ist Bernd Römmelt ein „Polarlichtsüchtiger“. Ein Glück für die Mitmenschen, denn die Fotos, die der Reisejournalist und Fotograf aus dem hohen Norden mitgebracht hat, sind so faszinierend, dass auch die Betrachtenden Gefahr laufen, süchtig nach Polarlichtern zu werden. Eine Welt aus Kälte und Eis Mit seiner Kamera war Bernd Römmelt unterwegs in Alaska und Kanada, in Grönland, Island und Norwegen, in Schweden und Finnland. Beim Fotografieren hat er sich hin und wieder fast die Finger abgefroren. Der Preis dafür, dass er es liebt, in „eine für uns Mitteleuropäer fremde Welt aus Kälte, Eis, Schnee und Dunkelheit“ einzutauchen. Nicht zu vergessen die Polarlichter als „Sahnehäubchen“. Ihren Tanz am Himmel, die Farben- und Formenspiele hat Bernd Römmelt in fast magisch wirkenden Fotografien eingefangen. Die Himmelsphänomene Auch wenn  die Astrophysikerin Dr. Felicitas Mokler die Geheimnisse der Aurora borealis in einem wissenschaftlichen Beitrag lüftet, bleibt doch noch immer ein Hauch von Mysterium beim Betrachten der vielfarbigen Himmelserscheinungen. Kein Wunder, dass sie die Menschen früherer Zeiten zu fantasievollen Geschichten inspirierten. Mal stehen Walküren hinter den grünen, blauen und gelben Lichtern, mal…

Allein auf hoher See
Reisebücher , Rezensionen / 20. Februar 2024

Der Titel des Buches ist Programm: „Und dann kam einer, der hat‘s einfach gemacht“. Der Deutsch-Spanier Julen Sánchez hat sich ein ganz besonderes Abenteuer zugemutet – mit Null Emissionen. Mit Bike und Ruderboot ist er von Paris aus nach Pittsburgh aufgebrochen und von dort noch weiter nach Vancouver geradelt. Ein Horrortrip, möchte man meinen. Mit seiner Aktion will der 23-jährige Abenteurer Sánchez die symbolische Brücke, welche die Bürgermeister von Paris und Pittsburgh, Anne Hidalgo und William Peduto, in Sachen Klimaschutz geschlagen haben, sichtbar machen. 131 Tage auf dem Ruderboot Was für ein Unterfangen! 131 Tage verbringt er mutterseelenallein auf seinem Ruderboot. Und der Name „STORM“ passt auch hier. Denn immer wieder müssen sich Boot und Ruderer gegen haushohe Wellen durchsetzen, dem Swell Widerstand leisten. Das gelingt nicht immer ohne Blessuren und Verluste. Aber die einzigartigen Erlebnisse auf hoher See wiegen all die Strapazen auf: „STORM und ich befinden uns hier draußen in einem zeitlosen Vakuum, in dem wir uns der schlichten Magie des Seins ergeben können.“ Unvergessliche Begegnungen Es sind unvergessliche Begegnungen mit Meeresschildkröten, fliegenden Fischen, Wasservögeln, Delphinen, ja sogar mit Walen, die den einsamen Ruderer die körperlichen Schmerzen vergessen lassen. Ganz intensiv erlebt er auch Meeresleuchten und Nordlichter. Muntermacher…

Heimat und Fremde
Reisebücher , Rezensionen / 17. Februar 2024

Das Unwort von der „Remigration“ hat viele aufgeschreckt – auch viele Reisende. Denn Reisen soll ja verbinden, soll dazu beitragen, Verständnis für andere Kulturen, andere Sitten und Gebräuche zu haben. Dazu will der Studienkreis für Tourismus und Entwicklung mit seinen SympathieMagazinen beitragen. Gegen den derzeit grassierenden Ethnozentrismus helfen vor allem Begegnungen. Das aktualisierte Sympathiemagazin „Land & Leute verstehen“ will zeigen, wie Tourismus Menschen zu Menschen bringen kann. Auf Reisen lernen Was man auf Reisen lernen kann, beschreiben die Autorinnen und Autoren in dem SympathieMagazin: „Wer einmal in Israel war, so viel ist gewiss, wünscht der Region Frieden mehr als alles andere“, schreibt Redakteurin Susanne Asal. Petra Darchinger erzählt von einem etwas anderen All-Inclusive-Urlaub in Ägypten. Ilija Trojanow schwärmt vom Reisen zu Fuß. Petra Thomas vom Forum anders reisen mahnt zur Nachhaltigkeit, und Navid Kermani berichtet von Grenzerfahrungen in Krisengebieten. Vor allem aber sind es die Begegnungen mit den Menschen, die man bei der Rückkehr mit in den eigenen Alltag nimmt. Sprachlosigeit und Social Media Im Magazin erfährt man einiges über Vorurteile und darüber, wie schnell man sie beim Reisen überwinden kann. Man liest über Fremdsein, Missverständnisse und Sprachlosigkeit und kann plötzlich verstehen, wie fremd sich Migranten aus anderen Kulturen in…

Die anderen Seiten der Dolomiten
Reisebücher , Rezensionen / 7. Februar 2024

Ein türkisches Viertel in Moena,ein Weiler mit zwei Campanili, eine Jeanne d‘Arc des Tiroler Widerstands gegen Napoleon – so kennt man die Dolomiten eher nicht. Giulia Castelli Gattinara hat einen anderen Blick auf die bleichen Berge, seit 25 Jahren Unesco Welterbe und für Reinhold Messner „die schönsten Berge der Welt“. Über Südtirol hinaus Die meisten Deutschsprachigen verorten dieses Weltnaturerbe größtenteils in Südtirol. Doch die Dolomiten erstrecken sich auch über die Provinzen Trient, Belluno, Pordenone und Udine. Und so weitet denn auch Giulia Castelli Gattinara den Blick über Südtirol hinaus auf die zerklüfteten Felsnadeln und die Dolomitentäler. Da mag man so manches vermissen wie das Märchen vom Zwergenkönig Laurin und seinem Rosengarten oder die Sagen um die Königstochter Dolosilla und den falschen König im Reich der Fanes, für die Ladiner eine Art Nationalepos. Bauernmagd und Heilige Kümmernis Dafür liest man von der „Unbeugsamen Katharina“, einer Bauernmagd, die angeblich mit einer Heugabel die Franzosen zurückdrängte und so zu „einer Art Jeanne d‘Arc des Tiroler Widerstands“ wurde. Oder von der „Heiligen Kümmernis“ in der Lamprechtsburg, einer gekreuzigten Figur mit Bart und Ballerinas, die „zum Symbol des Feminismus wurde“. Man liest von „allzu oft übersehenen Alpinistinnen wie Paula Steger oder Antonia Verocai“, aber auch…

Großartiges Patagonien
Reisebücher , Rezensionen / 24. Januar 2024

Die Fotos dieses 20. Curves Bands sprechen für sich. Sie ziehen die Betrachtenden hinein in eine grandiose Landschaft. In Patagonien, dem Traumziel im Süden des amerikanischen Doppelkontinents, bewährt sich das Motto der Curves Fahrer: Die majestätische Natur verlangt geradezu nach „Soulful Driving“, einem Fahren mit Gefühl. Ein großes Abenteuer Die Fahrt oft durch menschenleere Gegenden und auf Schotterstraßen, eskortiert von Vulkanen und entlang von Gletscherseen ist ein großes Abenteuer. Manchmal zermürbend, wenn es durch schier endlose Weiten geht, dann wieder fantastisch, wenn sich die Landschaften an Großartigkeit schier überbieten. Gelungene Mischung Wie gewohnt geben die Beschreibungen der vier Etappen von Puerto Montt bis Ushuaia in Deutsch und Englisch die Eindrücke und Erlebnisse in einem lockeren und plakativen Stil wider. Man liest sich ein in diese gelungene Mischung aus Reise-Impressionen und Geschichte. Und, wenn man die Fotos betrachtet, versteht man gut, was die Autoren mit dem „Überfluss bemerkenswerter Erfahrungen“ meinen. Ikonische Landschaften Auch wenn man die ikonischen Landschaften aus Filmen oder von anderen Fotografien kennt, überwältigen sie doch immer wieder aufs Neue. Von einer „aufwühlenden Schönheit“ sprechen die Autoren bei Bariloche. Diese Schönheit hat sie umso mehr getroffen, als vorher durch einen „dystopischen Alptraum aus toten Bäumen“ gefahren sind. Der Reiz…

Rammstein in Sibirien
Reisebücher , Rezensionen / 18. Januar 2024

Richard Löwenherz zieht es in die Wildnis des Nordens, ans Ende aller Wege. Mit einem Fatbike und einem Schlauchboot hat er sich in den Norden Sibiriens gewagt durch das Land der Tschuktschen bis zur Beringsee, begleitet von Myriaden von Mücken und immer wieder auch von Bären, Braunbären und Eisbären. Und zwischendurch gab es immer wieder Begegnungen mit Menschen: „Hier treffen sich die Träumer, die Idealisten, die Abenteurer – Menschen mit starkem Willen, besonderem Charakter und durchgeknallten Visionen.“ Bären und Stromschnellen Auch bei Richard Löwenherz stand eine durchgeknallte Vision am Anfang dieses Abenteuers. Schon an der amtlichen Erlaubnis, länger als 30 Tage auf russischem Gebiet unterwegs zu sein, dem Propusk, wäre die Idee beinahe gescheitert. Und immer wieder gab es Herausforderungen für den Mann, der sich am liebsten allein der Wildnis stellte: unwegsames Gebiet, unpassierbare Berge, Stromschnellen, gefährliche Strömungen, Bären. Menschen und Pläne Aber Richard Löwenherz erlebte auch Überraschungen. Eine erstaunlich gut ausgebaute Trasse quer durch das sonst weitgehend unzugängliche Tschukotka etwa, die dem russischen Oligarchen Roman Abramovitsch zu verdanken ist, der von 2001 bis 2008 dort Gouverneur war. Die Begegnung mit einem jungen Paar, das zum Kap Dezhnev trampt und von dort mit einem selbst gebauten motorisierten Katamaran ans Kap…

Im Schnee dem Himmel ganz nah
Reisebücher , Rezensionen / 19. Dezember 2023

So eine Skitour sollte gut geplant sein, um auch wirklich Spaß zu machen, das weiß der Skitouren-Spezialist Stefan Herbke. Denn im freien Gelände kann der Schnee auch tückisch sein. Besser aufgehoben ist man bei der Begehung von Neuland in der Gruppe. Und dann sollte man auch Rücksicht auf die Wildtiere nehmen, die ihre Rückzugsgebiete brauchen. In seinem einladenden Bildband hat Stefan Herbke deshalb seine Tipps ganz an den Anfang gestellt. Man sollte schließlich wissen, worauf man sich einlässt, wenn man sich ins oft felsige und eisige Winderwunderland begibt. Genuss für Leib und Seele Schön weiß ist es da, oft einsam und immer sind die Touren ein Genuss für Leib und Seele. Den muss man sich allerdings auch oft durch einen schweißtreibenden Aufstieg erarbeiten – etwa am „steirischen Matterhorn“ im Gesäuse, wo der Anstieg sechs Stunden dauert. Der Bergsteigerfriedhof in Johnsbach ist übrigens auch eine Mahnung an Übermütige. Hier liegen Menschen, die bei Wanderungen, Berg- und Klettertouren in den Gesäusebergen ums Leben gekommen sind. Im Einklang mit der Natur Doch Stefan Herbke will ja Appetit machen auf Täler im Einklang mit der Natur und Dörfer, die ihren Charakter bewahrt haben. Auf Menschen, die ihren Lebensraum verteidigen, ihn aber gern mit Gleichgesinnten…