The Great Himalaya Trail: 1864 Kilometer in 87 Tagen
Allgemein , Rezensionen / 18. November 2018

Er hätte auch nur durch laufen können, ohne nach links und rechts zu schauen – und auch das wäre im Himalaya schon eine Riesenleistung gewesen. Aber das ist nicht die Art, wie Peter Hinze unterwegs sein will. Zwar hat der Münchner Journalist und Autor den Great Himalaya Trail von Ost nach West durchlaufen – aber es ging ihm, dem Ultra-Marathonläufer, vor allem um das Schicksal der Menschen, um die Zukunft der Bergregion. Ein Weg in den Alltag einer aussterbenden Kultur 1982 war Hinze das erste Mal in Nepal, illegal, und von da an war der Reporter dem geschundenen Land verfallen. Hinze lernt Sir Edmund Hillary kennen, er interviewt den Dalai Lama, macht Reportagen über das Leben im Himalaya und die Helden der Berge, die Sherpas – und entdeckt seine Leidenschaft fürs Trail-Running. Auf dem Great Himalaya Trail, 1864 Kilometer lang, kann er beides verbinden. Was er am Wegrand sieht und erlebt, macht ihm zu schaffen: Von China finanzierte und gebaute Straßen schlagen Schneisen in die Landschaft, Dörfer und Klöster verfallen, tibetische Freunde verschwinden, der Klimawandel verändert die Landschaft, die jungen Leute wandern ab, der Tourismus bedroht die Traditionen. Das Schicksal der Sherpas Hinze inszeniert sich nicht als Held, auch wenn…

Verzweifelter Mut
Rezensionen / 18. November 2018

Fabio Geda hat viele Jahre mit Jugendlichen gearbeitet.  Das kommt ihm als Autor zugute.  Auch den Roman „Vielleicht wird morgen alles besser“ hat er auch der Sicht eines Jugendlichen geschrieben: Ercole hat keine guten Erfahrungen mit Erwachsenen. Seine Mutter hat seinen Vater verlassen, als er noch klein war. Und sein Vater ist überfordert – vom Leben und von seiner Aufgabe als Erzieher. Nur Ercoles große Schwester Asia gibt dem Jungen noch Halt. Sie übernimmt die Rolle der Mutter, mit ihr fühlt sich Ercole auch vor den Monstern hinter der Wand sicher. Ein mutiger Kerl Und dann lernt der Vierzehnjährige Viola kennen, das Mädchen aus gutem Haus, das Ercole auf Wolken schweben lässt und seinen Kopf „von Nordlicht erfüllt“. Die beiden kommen zusammen. Denn für Viola ist der Junge aus der Gosse etwas Besonderes, ein mutiger Kerl, der sich ihrer Liebe würdig erweist. Auch wenn er mit seiner hirnlosen Eifersucht alles kaputt macht, mutig ist Ercole wirklich. Zumindest dann, als es darauf ankommt. Verantwortung für den kleinen Bruder Als der Junge nach seiner verzweifelten Suche doch noch auf seine Mutter stößt und dabei auch seinen sechsjährigen Bruder Luca kennen lernt, übernimmt er schnell die Verantwortung für den Kleinen. Aus eigener Erfahrung…

Die Cazalets: Zeitreise ins England der Dreißiger
Rezensionen / 18. November 2018

Die Autorin ist schon tot, 2014 starb Elizabeth Jane Howard im Alter von 90 Jahren. 14 Jahre vorher hatte ihre die Queen den Verdienstorden Commander of the British Empire verliehen. Ausgezeichnet wurde das ehemalige Model für die fünfbändige Familienchronik über die Cazalets, die im England der Dreißigerjahre spielt und ein Spiegel der damaligen Gesellschaft ist. Die Schatten des Zweiten Weltkriegs Im Mittelpunkt steht eine großbürgerliche Familie, die auf dem Familiensitz Home Place in Sussex zusammenkommt. Elisabeth Jane Howard erweckt mit ihrer detailreichen Familiensaga über die Cazalets nicht nur eine vergangene Welt zum Leben, sie zeigt auch die Schatten, die der Zweite Weltkrieg auf die friedliche Idylle in Sussex warf. Und sie ist in der Beschreibung der in der Familie schwelenden Konflikte durchaus aktuell. Im ersten Band kehren die Cazalet-Brüder Hugh, Edward und Rupert wie jeden Sommer zusammen mit ihren Familien in das Haus ihrer Kindheit zurück.  Die unbeschwerten Wochen werden überschattet von der Angst vor dem nächsten Weltkrieg. Und doch stellt sich die lange geübte Routine ein: „Kommt es dir nicht seltsam vor? Jeden Tag schlittern wir weiter in diesen grauenvollen Albtraum hinein, tun aber alle, als wäre nichts Besonders.“ Größere und kleinere Familienquerelen Die erwachsenen Cazalets  haben ihre eigenen…

Seltsames Himmelfahrtskommando
Rezensionen / 18. November 2018

Michel Faber hat ein Wunder vollbracht: Er hat eine Utopie mit einer Liebesgeschichte verknüpft und daraus einen staunenswerten Roman gemacht. „Das Buch der seltsamen neuen Dinge“ spielt irgendwann in einer Zukunft, in der es möglich sein wird, Millionen Lichtjahre zu reisen, ohne dabei zu altern. Denn nur so kann sich der Pastor Peter zum Planeten Oasis aufmachen, wo er die Ur-Einwohner missionieren soll. Seine geliebte Frau Beatrice muss er auf der Erde zurück lassen. Hungrig nach dem Neuen Testament Auf dem fernen Planeten erwartet den frommen Mann dann eine handfeste Überraschung: die Aliens müssen gar nicht mehr missioniert werden, sie sind hungrig nach dem Neuen Testament. Von diesem Buch der seltsamen neuen Dinge können sie gar nicht genug bekommen. Dass sie außerdem noch halbwegs Englisch sprechen, auch wenn sie Probleme mit den Konsonanten haben, macht es Peter noch leichter, den Zugang zu ihnen zu finden. Voller Enthusiasmus macht er sich mit seinen willigen Schülern an den Aufbau einer Kirche und versucht im stillen Kämmerlein, die Texte aus der Bibel so zu übertragen, dass seine Schäflein sie verstehen. Denn sie leben ja fern der Erde, kennen weder Schafe noch Hirten, weder Fische noch Wasser. Mails aus dem Jammertal Während Peter ganz in…

London unter der Oberfläche
Allgemein / 18. November 2018

Der Brexit steht bevor. Niemand weiß, ob es eine harte Trennung sein wird, und viele Briten haben Angst davor. Doch London wird auch nach dem Brexit das Ziel vieler Europäer bleiben. Die Stadt ist zu faszinierend, das zeigt auch der Bildband „Streets of London“. Bilderreise jenseits der Klischees Den Straßenfotografen gelingen Blicke unter die Oberfläche, sie porträtieren nicht nur die Straßen, sondern auch die vielfältigen Gesichter der Stadt. Es ist eine Bilderreise jenseits der Klischees. Einer der 45 (!) Fotografen ist der erst 14 Jahre alte Zahhar Borouhhin, der über Instagramm bekannt geworden ist und der seiner Heimatstadt mit dem iPhone ihre Geheimnisse entlockt. Vor allem die Vielfalt Londons hat Ashley Nordsletten begeistert: „Wenn man durch genügend verschiedene Stadtbezirke geht, hat man am Abend das Gefühl, eine Zeitreise hinter sich zu haben.“ Eine Stadt im ständigen Wandel Dieses Gefühl vermittelt auch der Bildband mit seinen so originären wie unterschiedlichen Blickwinkeln. Mal fühlt sich der Betrachter eingeladen, den Kopf in den Nacken zu legen und nach oben zu blicken, dahin, wo sich der Wolkenkratzer im Nebel verliert. Mal geht es nach unten, dahin, wo die Underground fährt. Dann wieder trifft man auf den Straßen der Stadt spielende Kinder, Business-Männer und alte…

Mexiko unter dem Brennglas
Rezensionen / 4. November 2018

Nein, eine Wohlfühlausgabe von Mexiko ist Andreas Altmanns Buch „In Mexiko – Reise durch ein hitziges Land“ nicht. Das geht auch nicht, wenn der Autor Altmann heißt. Denn der Reporter wirft sich gerne mitten hinein in die Abgründe der Menschen und der Länder, die er bereist. Und in Mexiko fand Altmann viele Abgründe, die religiösen und die wirtschaftlichen, die kulturellen und die mörderischen. Das Buch geht unter die Haut Ein normales Reisebuch mit der Beschreibung touristischer Hotspots ist nichts für Altmann. Was er kann, ist: genau hinschauen auf das Leben anderer, hinter die Fassaden gucken und „Nähe zum Fremden“ herstellen, wie er im Vorwort schreibt. Es ist wieder mal ein echter Altmann geworden, ein Buch, das unter die Haut geht, denen, die schon mal in Mexiko waren und denen, die das Land nur aus Berichten und Filmen kennen. Altmann nimmt sie alle mit auf seine Reise per Bus, Taxi und Bahn durch ein anarchisches Land, in dem Morde an der Tagesordnung sind. Schwarzer Humor angesichts alltäglicher Gewalt Oft ist der Reporter schockiert von den täglichen Mord-Berichten und -Bildern, manchmal hilft ihm nur schwarzer Humor darüber weg: „Es gibt – entlang des hellen, makellosen Sands – Masssage-Liegen, mit weißen Planen überdacht….

Vom Verschwinden eines Dorfes
Rezensionen / 4. November 2018

Es ist ein starkes Debüt, das die 31-jährige Autorin Karoline Menge mit „Warten auf Schnee“ vorlegt. Zu Recht Bekommt sie dafür den mit 10 000 Euro dotierten „Ulla-Hahn-Autorenpreis“. Menge erzählt in ihrem ersten Roman die Geschichte einer zerbrochenen Familie mit märchenhaften Elementen und mit Anleihen bei Horror-Filmen. Alles löst sich auf Pauli ist 16 Jahre alt, als alles um sie herum sich aufzulösen scheint. Begonnen hat der Prozess allerdings schon früher, als ihr Vater von einem Tag auf den anderen verschwand. Dann kam Karine ins Haus, in dem Pauli fast schon symbiotisch mit ihrer Mutter lebte – und sie saugte am Leben der Mutter wie ein Vampir. Doch noch ist die Kindheit trotz aller Feindseligkeiten des Dorfes golden. Bis auch die Mutter verschwindet und die beiden Mädchen auf sich allein gestellt sind. Dann sind auch die 69 Bewohner des Dorfes fort, verschwunden, einer nach dem anderen. Das Dorf erlischt so wie auch das Licht in den Augen Karines erloschen ist. Nostalgische Erinnerungen an die Kindheit Pauli, bisher die Tatkräftige, wird von Urängsten heimgesucht, die sie mit nostalgischen Erinnerungen an ihre Kindheit zu vertreihen sucht. Es sind düstere Bilder, die Menge heraufbeschwört, Szenarien eines Untergangs. Wohin die Menschen verschwunden sind und…