Einem „einzigartigen Ort“, der Hallig Hooge, hat der Journalist Jan Keith seine Kolumnen in der Zeitschrift „mare“ gewidmet. 37 persönliche Hooge-Geschichten liegen nun gesammelt unter dem Titel „Meine Hallig Hooge“ in einem von Orlando Hoetzel charmant illustrierten Büchlein vor. Verfasst wurden sie zwischen 2018 und 2024 – fast 30 Jahre, nachdem Jan Keith eine unbeschwerte und unvergessliche Musikfreizeiten auf der Hallig genossen hatte.
Aliens auf Hooge
Für die Kolumnen ist er in die Welt zurückgekehrt, „in der ich mich fühlte wie ein junger Könige bei der Mannwerdung“. Diese enge Beziehung prägt auch seine heutige Sicht auf die Hallig, auf der gerade mal 100 Menschen leben, darunter Katja Just, die aus Bayern auf die Hallig kam und dort zur Bürgermeisterin gewählt wurde. Leicht war der Einstieg nicht, wie Just dem Journalisten verrät. Und Keith kann es nachvollziehen: „Wir sind zwei Aliens auf Hooge.“
Dorf ohne Sheriff
Kein Wunder, die isolierte Lage der Hallig schweißt die Menschen zusammen. Da tun sich Fremde schwer mit der Integration. Kleinlich sind die Hooger zwar nicht, was kleine Vergehen angeht – „Hooge ist wie ein Dorf ohne Dorfsheriff“. Aber wer hier heimisch werden will, braucht schon einen langen Atem und viel Verständnis für die Traditionen. Oder eine längere Geschichte und viele Nachkommen. Auch Hooge hat eine Einwanderungsgeschichte.
Das Königspesel
Reisende auf Stippvisite werden kaum mehr als die Oberfläche sehen – und die wahrscheinlich romantisch finden. Zum Beispiel das Privatmuseum Königspesel, „eine Art Nobelwohnzimmer in einem alten Traufenhaus auf der Hanswarft“. Gebaut hat es im 18. Jahrhundert der Hooger Kapitän Tade Hans Bandix, und er ließ seine gute Stube, auf Friesisch Pesel, von oben bis unten mit Delfter Bibelkacheln fliesen. Die Inneneinrichtung kam aus aller Welt, der Kapitän konnte es sich leisten. Und dann übernachtete der dänische König Friedrich VI. in diesem Raum, weil sein Schiff nicht mehr ablegen konnte. Daher der Name Königspesel.
Die Seconhandkirche
Sehenswert ist auch die Kirche, erbaut aus Steinen und Interieur von ostfriesischen Kirchen, die von der Sturmflut 1634 zerstört wurden. Auf ihre „Secondhandkirche“ seien die Hooger bis heute stolz, schreibt Jan Keith, auch wenn die Pastoren von auswärts kamen und kommen. Seine Kolumnen mäandern durch Vergangenheit und Gegenwart der Hallig, porträtieren Mensch und Natur und wecken durchaus den Wunsch, selbst mal so eine Hallig im Wattenmeer zu besuchen.
Info Jan Keith. Meine Hallig Hooge, mare, 160 S., 20,60 Euro
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