Mit lonely planet den Horizont erweitern?
Rezensionen / 8. Februar 2020

Noch immer gilt lonely planet als die Bibel für abenteuerlustige Individualisten. Der neue Band „Der Sinn des Reisens“ empfiehlt sich als „deine Bucket List für gutes Reisen“ und enthält tatsächlich einige Tipps für nachhaltige Erlebnisse wie „Im Naturschutz aktiv sein“, „Ohne Plastik reisen“ oder „Ein Land zu Fuß durchqueren“. Auch lonely planet preist die Wirksamkeit von Waldbaden   oder feiert  Wasser als „pure Lebensfreude“.  Denn schon die Nähe zu Wasser kann sogar „Zerbrochenes heilen“, wie der Meeresbiologe Wallace Nichols in seinem Buch „Blue Mind“ verkündet. Dorfleben und Sternenhimmel Empfohlen werden auch Reisen, bei denen man an einem Ort verweilt und womöglich ins Dorfleben eintauchen kann oder Übernachtungen unterm Sternenhimmel etwa beim Wüstencamping in Namibia. „Das Universum füttert unsere Seele – ganz umsonst“ heißt es dazu – wenn man denn die Reise nach Namibia oder in den Himalaya nicht dazu rechnet. Auch sonst wundert sich der geneigte Leser manchmal, zum Beispiel, wenn „Reisen im eigenen Land“ als Beitrag zum Umweltschutz gelobt werden und man dazu Tipps für Trips in den USA, Australien und Schottland findet. Aber das liegt halt daran, dass dieser Sammelband von lonely planet auf der englischen Ausgabe „Travel Goals 2019“ fußt. Kraftplätze und Pilgerziele Natürlich finden aufmerksame Leser trotzdem…

Im Putin-Land
Rezensionen / 12. Juni 2017

Er wollte nicht dahin, wohin der Lonely Planet Abenteuerreisende schickt, und schon gar nicht dahin, wo es die Touristenmassen hinzieht. Stephan Orth sucht „die Anti-Ästhetik von einem Ausmaß, dass einem die Sinne schwinden“. Auf der Suche nach Hässlichkeit mit Wow-Effekt Er will Reisen als Thriller, Hässlichkeit mit Wow-Effekt. Und davon findet er jede Menge als Couchsurfer in Russland. Nicht nur gleich am Anfang in der Mine von Mirny, dem „Arschloch der Welt“, auch unterwegs in den Weiten des Landes zwischen Kaukasus und Sibirien. Zehn Wochen lang bereist er Russland, lässt sich auf den Alltag der Menschen ein, versucht, dem Phänomen Putin auf die Spur zu kommen und schont sich nicht. Der Autor lässt sich von der russischen Seele rühren Er macht alles mit, trifft wilde Kerle und schöne Frauen, schläft mal auf dem Boden, mal im Zelt, mal in einer Datsche ganz für sich allein, pendelt vom muslimisch geprägten Dagestan ins buddhistische Kalmückien, kommt dem „Jesus Sibiriens“, Wissarion, in seiner Sonnenstadt nahe, reist von der Krim nach St. Petersburg, lässt sich im Mariinskij-Theater von „Schwanensee“ rühren und von der russischen Seele und nimmt unter anderem diese Erkenntnis mit: „Mit dem Satz ‚Das ist Russland‘ lassen sich viele Sachverhalte erklären, für…