Ein Mord aus Langeweile
Rezensionen , Romane / 10. Juni 2025

Michael Köhlmeier ist ein grandioser Autor – auch im kleinen Format. Und er ist ein grandioser Erzähler. Besser als er selbst könnte keiner Die Verdorbenen  lesen – distanziert, emotionslos, lakonisch. Dabei geht es um nicht weniger als um das Böse. Hier geschieht es scheinbar grundlos – aus purer Langeweile heraus. Der Protagonist Johann kommt als Mann ohne Eigenschaften daher, farb- und ambitionslos. Mit einem Abstand von 40 Jahren blickt der reife Johann ohne verklärende Nostalgie zurück auf sein Studenten-Ich. Unheilvolle Dreier-Beziehung Der junge Johann studiert Anfang der 1970iger Jahre in Marburg. Bei einem Ausflug, den er als Tutor mit organisiert, lernt er Christiane und Tommi kennen, die seit ihrer Kindheit zusammen sind. Ohne verliebt zu sein kommen Johann und Christiane als Paar zusammen. Weil Tommi nicht loslassen kann, entwickelt sich eine merkwürdige, immer unheilvollere Dreiecks-Beziehung, die alle beschädigt und Johann in die Flucht treibt. Der Wunsch fürs Leben Inmitten dieser von innerer Leere, Ausweg- und Lustlosigkeit gekennzeichneten Zeit erinnert sich Johann an ein Gespräch mit dem Vater: „Einmal, da war ich sechs Jahre alt gewesen und am Beginn der Schule, hatte er mich gefragt: ‚Was ist ein Wunsch für dein ganzen Leben? Überleg‘ es dir gut, morgen frage ich dich…

Ein Junge am Scheideweg
Rezensionen , Romane / 6. Februar 2023

Dass der Vorarlberger Michael Köhlmeier ein großartiger Autor ist, beweist er auch mit seinem neuen Roman Frankie. Im Mittelpunkt steht der 14-jährige Ich-Erzähler Frank, der in einer fast symbiotischen Gemeinschaft mit seiner Mutter in Wien lebt. Seinen Großvater lernt er mit Verspätung kennen, weil der über 18 Jahre hinter Gittern gesessen hat. Faszination des Bösen Der eher introvertierte Junge ist zugleich abgestoßen und fasziniert von dem alten Mann, der wirkt, als könne ihn nichts umhauen. Das abwertende Frankie nervt ihn zwar, aber mehr noch interessiert ihn, welche Geheimnisse der Großvater, der sich die Anrede Opa verbietet, hinter seinem schroffen Wesen verbirgt. Es ist die Anziehungskraft des Bösen, die Köhlmeier immer wieder thematisiert – auch in diesem Roman. Viele Freiheiten Der weitgehend vaterlos aufgewachsene Junge kommt eigentlich gut mit seinem Leben zurecht. Der Beruf seiner Mutter, die in der Volksoper als Schneiderin arbeitet, lässt ihm viele Freiheiten. Frank fühlt sich als der Mann im Haus – bis der autoritäre Großvater diese Rolle beansprucht. Die furchtsame Mutter interessiert den Alten nicht. Aber den Enkel will er nach seiner Vorstellung  formen. Die Waffe als Versuchung Frank erliegt der Versuchung des Abenteuers, die der Großvater verkörpert. Und es ist ja auch ein Abenteuer, was…