Das Leben – ein schwarzes Loch
Rezensionen , Romane / 19. Januar 2022

Es ist ein Kosmos der Abgehängten, den Angelika Klüssendorf in ihrem Roman „Vierunddreißigster September“ schildert. Ihr Zuhause ist ein ödes Kaff in der ehemaligen DDR, grau und trostlos wie die Menschen, die es bevölkern: Der Säufer Heinrich, der einbeinige Hans, die dicken Hubert, Bipolarchen, Eisenalex, die Transfrau Gabriela, die Schriftstellerin und ihr Trommler, das Rollschuhmädchen und natürlich auch Hilde und Walter. Das Paar, mit dem alles beginnt. Rätselhafter Totschlag Ein Paukenschlag: In der Silvesternacht schlägt Hilde ihrem an einem Gehirntumor erkrankten Ehemann den Schädel ein. Danach geht sie tanzen und verschwindet spurlos, während Walter als Toter auf sein Leben schaut –  und das des Dorfes. Warum Hilde ihn erschlagen hat, nachdem der Tumor  den Wütenden zu einem ruhigen Mann gemacht hatte? Er wird es nie erfahren. Auch nicht, wo Hilde abgeblieben ist. Nur, dass sie Gedichte schrieb auf Tschuktisch, die er mühsam zu entziffern sucht. Existentielle Fragen  „Die Hölle wäre zu wissen wer du wirklich warst“, bescheidet ihn der philosophierende Dr. Freud. „Warum wird man überhaupt geboren?“ fragt einer der Dorfbewohner den anderen. „Für welche Idee würdest du sterben?“ Der andere zuckt die Achseln.  Angelika Klüssendorf stellt die existentiellen Fragen, doch die Antworten bergen keinen Trost, sind von einer bestürzenden…