Ein Surfertraum in Afrika

4. März 2019

Er war nie so recht angepasst. „Graffiti und Drogen waren neben schlechten Noten und Fehlstunden die größten Konstanten meiner Jugend,“ bekennt Carlo Drechsel gleich zu Anfang seines Buches. Wer nach diesem Geständnis einen oberflächlichen Roadtrip erwartet, wird in Insight Africa positiv überrascht.
Der Surfer, der nach dem Motto „mal spontan durch Afrika fahren und gucken, was passiert“ von Afrikas Surfer-Mekka Agadir aufgebrochen ist und auf seinem Trip durch 25 Länder selbst im Herzen der Finsternis extreme Hilfsbereitschaft und große Gastfreundschaft erlebt hat, nimmt die Leser mit auf sein Afrika-Abenteuer – auf goldene Tage weit weg vom Handy-Empfang genau so wie auf extreme Erfahrungen mit der Angst um sein Leben und vor Aids.

Mikroidylle im Makrowahnsinn

Im Land der Dogon entdeckt er Dörfer „wie aus tausendundeiner Nacht… Keine Straße, kein elektrischer Strom, keine Polizei, kein Militär, kein Metall, kein Plastik“ und die Seelenverwandtschaft mit einem 16-jährigen Analphabeten. An Nigerias Grenze muss er die „Robbery Squads“ überwinden, Zoll- und Polizeibeamte, die nicht nur die Hand aufhalten, sondern auch Unwillige mit der Waffe bedrohen. In Lagos erkennt er „eine failed City, die irreversibel und auf Ewigkeit dem Wahnsinn anheimgefallen ist“ und genießt doch als Surfer eine „Mikroidylle im Makrowahnsinn“.

Was ist wirklich typisch Afrikanisch?

Eine ganz eigene Erfahrung führt ihn an seine eigenen Abgründe, und während sein alter mühsam zusammengeflickter Jeep, Schlafzimmer und Küche zugleich, immer mehr zerfällt, überwindet er nicht nur die eigene Krise, sondern enttarnt auch das Klischee vom „typisch Afrikanischen“ als Mythos. Wie viel Glück er hatte, erkennt Drechsel, als er erfährt, dass ein französisches Paar, das er in Ghana kennengelernt hatte, in Nigeria überfallen wurde, wobei der Mann ums Leben kam.
Doch der deutsche Abenteurer, der mit langen Haaren und Bart immer mehr aussieht wie Jesus, hat ganz offenbar einen Schutzengel als Beifahrer, und erreicht glücklich sein Ziel: „Nichts, aber auch wirklich nichts kann diesen Moment aufwiegen. Zehntausende Kilometer Straße… Jahrelanges Träumen. Um letztlich allein am Ende der Welt in atemberaubender Landschaft eine Welle zu surfen wie sie besser nicht sein kann. Unbezahlbar.“ Der „gelebte Traum“ endet am Kap der guten Hoffnung und am Ende von Insight Africa wissen auch die Leser tatsächlich einiges mehr über Afrika.
Info: Carlo Drechsel. Insight Africa – Ein Roadtrip. Ein Surfbrett. Eine Geschichte, teNeues,208 S., 19,99 Euro
Internet: https://carlodrechsel.com/

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