Sommer der Überraschungen

14. April 2022

Mit ihren Dienstagsfrauen hat Monika Peetz Bestseller gelandet. Womöglich gelingt ihr das auch mit „Sommerschwestern“. Ging es in den Dienstagfrauen um fünf Freundinnen, spielen in den Sommerschwestern vier sehr ungleiche Schwestern die Hauptrolle.

Unerwartete Einladung

Auf Einladung ihrer Mutter, mit der alle vier ihre Probleme haben, kommen die Schwestern im niederländischen Bergen zusammen, dem Ort unbeschwerter Ferien aber auch dem Ort, an dem der Vater bei einem Unfall ums Leben kam. Warum hat ihre Mutter sie ausgerechnet dorthin befohlen, fragt sich Yella, die gerade selbst Schwierigkeiten mit der Familie hat.

Probleme im Gepäck

Eingeweiht in die mütterlichen Pläne scheint nur die große und erfolgreiche Schwester Doro zu sein, die allzu gern im Mittelpunkt steht. Denn auch die sehr verschiedenen Zwillingsschwestern Helen und Amelie stehen vor einem Rätsel. Auch sie haben auch ihre persönlichen Sorgen und Nöte im Gepäck: Amelie flattert von einem ungeeigneten Typen zum nächsten und bringt nichts auf die Reihe, und Helen läuft Gefahr, sich durch die eigenen Regeln ihr Glück zu verbauen.

Rätselhafte Mutter

Sobald man an der Oberfläche kratzte, wurde das Leben unübersichtlich, denkt Yella. Die überraschende Einladung der Mutter kam für alle zur Unzeit. Doch was sie ihren Töchtern offenbart, lässt die Alarmglocken schrillen und bringt Helen und Yella einander wieder näher. Kannten sie ihre Mutter so wenig?
Monika Peetz‘ Sommerschwestern kommt trotz so mancher Streitereien und kleinerer wie größerer Probleme leichtfüßig daher. Ein echter Sommerroman fürs Urlaubsgepäck.

Hineingelesen…

… in Yellas Gedanken

Der Westwind, der von der Nordsee über das Land fegte, wehte unablässig Erinnerungen an längst überwunden geglaubte Konflikte heran. Yella starrte auf die leuchtenden Einhörner und erinnerst sich auf einmal daran, wie Doro mitten in der Nach in ihr Zimmer geschlichen war, ihr verzerrtes Gesicht vom Schein einer funzeligen grün strahlenden Taschenlampe erhellt, um sie mit verstellter Stimme zu erschrecken: „Ich sehe aus wie deine Schwester, aber ich bin in Wirklichkeit ein Geist“, hatte sie gekrächzt und dabei wild mit den Augen gerollt. Ihre große Schwester hatte schon als kleines Mädchen diesen Hang zum großen Theater, und Yella fiel immer wieder darauf rein.
Erwachsen sein war wohl eher ein theoretisches Konzept. Wie in einer russischen Puppe war in ihr immer noch die verlorene Yella verborgen, die sie vor Leo und Nick gewesen war. Und vor David. War ihr Leben auf Treibsand gebaut? Seit sie David kennengelernt hatte, war sie im Dauerlauf unterwegs gewesen. Sie hatte s so eilig, dass sie nicht einmal dazu gekommen war, sich zu fragen, ob sie glücklich war. Mit ihrer Beziehung, mit ihrem Job. Sie hatte damit gerechnet, sich in Holland ein bisschen zu erholen, Kraft zu tanken, vielleicht sogar auszuschlafen, stattdessen stiegen Erinnerungen wie Luftblasen in die Höhe, als hätten sie nur darauf gewartet, an die Oberfläche schweben zu dürfen. Die Kinder gaben ihrem Leben Struktur, Richtung, Ziel, eine Aufgabe, vor allem aber auch Sinn. Sie liebte es, Mutter zu sein. Wie ein Kleid legte sich die Rolle wärmend um sie herum und beschützte den verletzlichen Kern. Wer war sie, wann das alles wegfiel und sie sich wieder in die Tochter und Schwester verwandelte? Selbst im Bett hatte Yella das Gefühl, auf einer schiefen Ebene zu balancieren. Die Einladung ihrer Mutter hatte alles um sie herum ins Rutschen gebracht. Sie hatte nicht geahnt, wie wacklig der Boden war, auf dem sie stand. Ein einziger Brief hatte genügt, das Gestern nach oben zu schwemmen und den Halt zu verlieren. Ohne den Halt ihrer eigenen Familie, ohne David und die Jungs, war sie verloren.

Info Monika Peetz. Sommerschwestern, Kiepenheuer & Witsch, 295 S., 16 Euro

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