Duca Lambertis letzer Fall

31. Juli 2019

Er gilt als der Vater des italienischen Kriminalromans und hat selbst ein Leben hinter sich, das wie ein Roman war: Giorgio Scerbanenco, 1911 als Sohn eines Ukrainers und einer Italienerin in Kiew geboren und 1969 in Mailand gestorben, hat mit Duca Lamberti einen vom Leben gebeutelten Ermittler geschaffen, der seine Fälle nicht selten gegen den Widerstand seiner Kollegen bei der Polizei aufklärt.

Die Grenzen der Aufklärung

Immer wieder öffnet Lamberti die Büchse der Pandora, bringt Verdrängtes und Vergessenes an den Tag. Es geht um gesellschaftliche Schieflagen, um Ausgrenzung und menschliche Grausamkeit und vor allem um das Warum. Und da stößt der studierte Mediziner Lamberti, der wegen Sterbehilfe im Gefängnis saß, immer wieder an seine Grenzen. Auch im vierten Buch der Lamberti-Serie: „Duca Lamberti war also in den Viale Tunisia gekommen, um die scheußlichste, abstoßendste, widerwärtigste Aufgabe wahrzunehmen, die einem Polizisten widerfahren kann: nämlich einen Vater zu bitten, den geschundenen Leichnam seiner Tochter auf einem kalten Marmortisch des Leichenschauhauses zu identifizieren.“

Der Ermittler war nicht schnell genug

Amanzio Berzaghis schöne aber geistig zurückgebliebene Tochter Donatella war auf unerklärliche Weise aus der väterlichen Wohnung verschwunden und Duca Lamberti war es nicht gelungen, die junge Frau lebend zu finden. Ihre Mörder waren schneller. Die Ermittlungen führen ins Mailänder Rotlichtmilieu. Und dann muss der Ermittler feststellen, dass er wieder zu spät kommt. „Ein pflichtbewusster Mörder“ ist ihm zuvorgekommen.

Der Sound der 1960er-Jahre

Die Krimis mit ihren unterschiedlichen Reflexions- und Erzählebenen sind längst Klassiker. Der Folio-Verlag hat das Potenzial der Krimis erkannt und sie neu aufgelegt.  Dank Scerbanencos  lakonischer Sprache, dem Sound der 1960iger Jahre,  können sich die Leser in das Italien jener Zeit versetzen und dank Duca Lamberti  miterleben, wie sich das Land dem Wirtschaftswunder öffnet. Sie erleben einen abgebrühten Außenseiter als Ermittler, der so wenig an das Gute im Menschen glaubt wie an ihre Vernunft, und trotzdem unermüdlich für Gerechtigkeit kämpft – hin und wieder auch gegen Windmühlenflügel.
Info: Giorgio Scerbanenco. Ein pflichtbewusster Mörder, Folio,200 S. 18 Euro.

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