Deutsche Doppelgänger

14. Mai 2020

Hiergeblieben!  steht groß als Aufforderung auf dem Titel.  Das passt in die Zeit.  Urlaub im eigenen Land ist angesagt.  Babelsberg statt Los Angeles, Tropical Island statt Tahiti, Mainz statt Reims, Coburg statt Rio: Wer in diesem Jahr in Deutschland Urlaub macht, kann zwischen Alpen und Ostsee vieles entdecken, was Reisende sonst in fernen Ländern suchen: Hollywood-Feeling, tropische Badefreuden, mystische Chagallfenster, Samba-Rhythmen und noch viel mehr. Südstaatenflair etwa versprechen auch die Schaufelraddampfer „MS Louisiana Star“ oder „MS Mississipppi Queen“ auf der Elbe – allerdings verfügen sie über Dieselmotoren. Und die violette Blüte der Besenheide in der Lüneburger Heide ist auch nicht im Frühsommer zu erleben wie die Lavendelblüte in der Provence. Aber wer will schon so kleinlich sein?

Holländisches Viertel und Hindu-Tempel

Natürlich kann das holländische Viertel in Potsdam nicht die Grachten in Amsterdam ersetzen, und die farbenfrohen Hummerbuden auf Helgoland erinnern nur von außen an die Badehäuschen der Muizenberg Beach bei Kapstadt. Den Sri-Kamadchi-Ampal-Tempel haben Mitglieder der tamilischen Hindugemeinde in Hamm zwischen tristen Lagerhallen erbaut. Doch mit seinen leuchtenden Farben erinnert er an das Vorbild im südindischen Madurai. Auch die Rheinbrücke Emmerich nennt sich zwar „Golden Gate Bridge am Niederrhein“, reicht aber längst nicht an ihr Vorbild heran. Trotzdem: Am Abend lädt sie mit ihrem roten Anstrich zum „California Dreaming“ ein.

Hundertwasser und Herrenchiemsee

Das Hundertwasser-Haus in Wien ist weltberühmt. Die bunte, runde Waldspirale in Darmstadt muss sich allerdings nicht dahinter verstecken. Und Schloss Herrenchiemsee, von Bayerns Märchenkönige als Hommage an Versailles konzipiert, prunkt mit einem Spiegelsaal, der es mit seinem Vorbild locker aufnehmen kann. Was sonst noch: Highland Games im sächsischen Trebsen statt in Schottland, Schlittenhunde-Rennen im Bayerischen Wald statt in Lappland, Kameltrekking im Manfalltal statt in der Mongolei, Surfen auf der Eisbachwelle in München statt auf Hawaii… 55 solcher „fantastischer Reiseziele“ hat Jens van Rooij in ganz Deutschland entdeckt.

Einladung zur Entdeckung in deutschen Landen

Und wem der deutsche Doppelgänger nicht genügt, der findet in dem Buch gleich noch jede Menge Tipps für andere Sehenswürdigkeiten in der Nähe – Museen, Parks, landschaftliche Highlights aber auch Restaurants und Hotels für die Zeit nach Corona. Da wird die Aufforderung  Hiergeblieben!  doch gleich zu einer Einladung, das eigene Land neu zu entdecken.
Info: Hiergeblieben!, Holiday, 240 S., 24,99 Euro, ISBN 978-3-8342-3121-5

Keine Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert