Wer „Das Restaurant der verlorenen Rezepte“ von Hisashi Kashiwai mit Genuss lesen will, sollte sich für die japanische Küche und die Kultur Japans interessieren. Sonst könnte der Episodenroman mit seinen immer gleichen Abläufen schnell langweilig werden. In Japan freilich ist das Buch ein Verkaufserfolg.
Glück beim Essen
Dort weiß man auch um die sozialtherapeutischen Möglichkeiten von Esslokalen. Im Restaurant der verlorenen Rezepte schöpfen der ehemalige Polizeibeamte Nagare und seine Tochter Koishi diese Möglichkeiten aus, um ihre Gästen mit lang entbehrten Geschmackserlebnissen glücklich zu machen.
Der Geschmack der Vergangenheit
Wer in das versteckte Restaurant findet, will seiner Vergangenheit noch einmal nachschmecken, will sich an seine Jugend erinnern, die erste Liebe, ein Gefühl der Geborgenheit. Und weil der Witwer Nagare bei der Recherche nach den verlorenen Rezepten ebenso pflichtbewusst vorgeht wie beim Kochen, erfüllen die Gerichte auch die Wünsche der Kunden: „Als nächstes griff Hisahiko nach der Miso-Suppe und trank aus der Schale. Ein kurzer Seufzer entwich seinen Lippen. Dann verrührte er mit den Stäbchen das Ei in der Suppe und trank noch einmal. Jetzt entspannte sich auch seine linke Wange. Er strich ein Stück Selleriekohl mit den Stäbchen glatt, legte es auf den Reis und spreizte die Stäbchen anschließend so, dass er damit sowohl das Kohlblatt als auch einen guten Mundvoll Reis greifen konnte. Nachdem er das gekaut und heruntergeschluckt hatte, wurde Hishikos ganzes Gesicht weich.“
Viel Spürsinn bei der Detektivarbeit
Es sind keine Gourmet-Gerichte, die Nagare den Gästen serviert, eher Hausmannskost wie Spaghetti Napolitana, Makrelen-Sushi, Nudel- oder Rindereintopf. Es geht auch vorwiegend nicht um den Genuss der Speisen, sondern um die Erinnerungen, die sie wecken. Und diese oft lange verschütteten Erinnerungen holen Nagares Speisen wieder aus der Versenkung. Das gelingt nur, weil Vater und Tochter harmonisch zusammenarbeiten. Das Restaurant ist auch eine Detektei, für die Koishi die Bruchstücke der Erinnerung zusammenträgt. Mit viel Spürsinn bringt Nagare dann Ordnung in die Notizen und kommt so dem gesuchten Rezept auf die Spur. Dabei muss sich der begabte Koch soweit wie möglich in den Gast und seine Geschichte hinein versetzen.
Vater, Tochter, Katze
Hisashi Kashiwai zeichnet vor der Kulisse Kyotos ein sympathisches Vater-Tochter-Gespann. Und die schmeichelnde Katze Hirune übernimmt den komischen Part. Für viele Leser vielleicht enttäuschend: Die Rezepte zu den verlorenen Rezepten stehen nicht im Buch.
Info Hisashi Kashiwai. Das Restaurant der verlorenen Rezepte, List, 254 S., 21,90 Euro
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