Lesend in der Welt: Bücher für Reisende

2. Dezember 2019

Erstaunlich aber wahr: Die Frankfurter Buchmesse hat eine Renaissance des gedruckten Buchs festgestellt. Trotz Netflix und Kindle scheint die Faszination eines schön gemachten Buches immer noch groß. Das gilt vor allem auch für Reisebücher mit oft großformatigen Fotos. Sie machen sich auch auf dem weihnachtlichen Gabentisch gut, auch wenn man sie manchmal gerne selbst behalten würde. Aber auch ein kleines Buchgeschenk kann zeigen, dass sich der Schenkende Gedanken gemacht hat. Hier sind sieben Bücher für ganz unterschiedliche Reise-Wünsche:

Reisen in Fantasiewelten

In Fantasiewelten entführt Salman Rushdie die Leser in seinem neuen Roman Quichotte. Auf 460 Seiten entwickelt der in Indien geborene Autor eine Geschichte, in der Reales mit Fiktionalem, Paranoisches mit Zukünftigen verschmilzt. Die Leser fühlen sich wie in einer Geisterbahn, die noch dazu Achterbahn fährt. Die Loopings sind Zeitsprünge. Der Roman ist ein mitreißender Tanz zwischen Sein und Schein, Magie und Realität und gleichzeitig eine scharfsinnige Abrechnung mit der Gegenwart und mit dem „Land der Freien“, den USA: Rassismus, Opioid-Krise, Fake-News, ein Präsident, der Lügen salonfähig macht. Nebenbei bleibt noch Platz für irrwitzige Fantastereien, für Science-Fiction- und Fantasy-Visionen.
Salman Rushdie. Quichotte, C. Bertelsmann, 461 S., 25 Euro 

Reisen ins Abenteuer

Es ist sicher nicht jedermanns Sache, im Stall zu schlafen und sich zwischen einer stillenden Mutter und einem Badescheffel in einem Matatu in Kenia zu verbiegen, Krüppel im Irak zu treffen und bei „Unberührbaren“ in Indien zu wohnen. Der Reiseautor Andreas Altmann braucht das, um sich lebendig zu fühlen – und um schreiben zu können. Und mit seinen grandiosen Reportagen nimmt er die Leser mit auf seine Abenteuer, hinein in eine pulsierende, oft schreckliche aber vor Lebenslust strotzende Welt. In dem Buch „Leben in allen Himmelsrichtungen“ sind Altmanns beste Reportagen versammelt. Sie erzählen von pietistischen Dumpfbacken in Louisiana, vom Gott verlassenen Dorf Anamorós in El Salvador, einem „Fliegenschiss am Ende der Welt“, aber auch von „summenden Füßen“ nach Wellness-Tagen im Victoria-Jungfrau in Interlaken. Ob Schönheit oder Grauen, Altmann stürzt sich mit allen Sinnen ins Abenteuer. Lesend kann man ihm folgen – ganz ohne Risiko.
Andreas Altmann. Leben in allen Himmelsrichtungen, Piper, 376 S., 16 Euro 

Reisen in den Schnee

Vom Verspurten ins Unverspurte zu wechseln, dazu will Stefan Herbke mit seinem Buch „Traumtouren“ ermutigen. 25 außergewöhnliche Skidurchquerungen in den Alpen stellt der bayerische Skifreak vor; allein schon die Fotos machen Lust auf Schnee. Und das Beste: Auch für Skitouren-Einsteiger ist etwas dabei, zum Beispiel die viertägige Tour durch die Nockberge in Kärnten. Wichtig ist dem Autor aber vor allem die Erfahrung der Einsamkeit in einer Natur, in der die Zivilisation kaum Spuren hinterlassen hat. Wer da auf Handyempfang setzt, hat meist Pech gehabt. Herbke kann zu jeder einzelnen Tour eigene Erlebnisse schildern, das macht seine Tipps glaubwürdig. Wenn er großartige Aussichten lobt oder vor steilen Anstiegen warnt, wenn er von Abfahrtsgenuss schreibt oder von legendären Kasknödeln schwärmt, wissen die Leser, woran sie sind. Und falls die Lektüre ihnen Appetit gemacht hat, selbst auf Tour zu gehen, die „Facts“ im Anschluss an jede Reportage sind ausführlich. Allerdings sind die meisten Touren wohl doch eher Könnern zu empfehlen, am besten in Begleitung eines Bergführers.
Stefan Herbke. Traumtouren, Tyrolia, 222 S., 34,95 Euro 

Reisen in Europa

Zugegeben, echte Geheimtipps sind nicht drin in diesem Bildband, der 120 Ideen für den Kurzurlaub in Europa vorstellt. Jedes Ziel wird auf zwei Seiten präsentiert, wobei die Texte eher kurz ausfallen. Aber es geht ja auch um Kurzurlaube, und damit die sinnvoll genutzt werden, gibt‘s nicht nur Highlights, sondern auch besondere Tipps. Und weil Europa im Mittelpunkt steht, muss auch Brüssel dabei sein, Sitz des Europäischen Parlaments. Dafür fehlen Luxemburg und Straßburg, die ebenso Anspruch auf europäische Ehren erheben können. In Deutschland geht‘s vor allem in den Norden und nach Bayern. Südtirol ist gleich drei Mal vertreten, und Venedig, das ohnehin unter Overtourism leidet sowie die überlaufenen Cinque Terre werden nicht begeistert sein über zahlreiche Kurzurlauber. Bei den Zielen in Großbritannien ist keine Rede vom Brexit, und im Osten fehlen die Trend-Ziele wie Albanien und Rumänien. Aber genug gemeckert. Wer sucht, der findet einladende Bilder und nette Tipps für einen ausgefüllten Kurzurlaub.
Schnell mal weg! Die besten Ideen für den Kurzurlaub in Europa, Bruckmann, 287 S., 29,99 Euro

Reisen in Hotels

Schon der samtige Einband mit dem großformatigen Foto verheißt Urlaubsgefühle. Und die 300 folgenden Seiten halten das Versprechen. Es sind wirklich einzigartige Hotels und Retreats, die sich vor allem in großartigen Bildern präsentieren. Die Texte – auf Englisch und Deutsch – sind eher kurz. Die Fotos sprechen für sich. Das Augsburger Hotel Drei Mohren befindet sich in bester Gesellschaft zwischen den eleganten Heidelberg Suites und dem famosen Lanserhof. Die meisten der Hotels stehen in Europa, aber auch auf dem amerikanischen Kontinent und in Asien wurden die erfahrenen Tester fündig. Familiäre Boutique Hotels behaupten sich in ihrer Collection neben klassischen Grand Hotels, Fincas neben Design Häusern, luxuriöse Lodges neben trendigen Stadthotels. Ob Wellness, Wintersport oder Wandern, ob Städtetrip, Safari oder Strandurlaub, dieser opulente Bildband hat reichlich Inspirationen für urlaubsreife Menschen mit entsprechendem Budget. Was fehlt sind die Preise. Aber darüber spricht man wohl nicht.
Best Unique Hotels & Retreats – Eighty Four Rooms, te Neues, 272 S., 60,79 Euro 

Reisen ins Bayerische

Bayern ist mehr als ein Bundesland, es verheißt auch ein besonderes Lebensgefühl, irgendwie barock, bajuwarisch halt. Was sich dahinter verbirgt, das versucht der „Jahreskalender für Hiesige und Zuagroaste“ zu erklären. „Heimattourist“, entstanden in Zusammenarbeit mit der Sendung „Wir in Bayern“ des Bayerischen Rundfunks, verspricht alles zu zeigen, was das bayerische Lebensgefühl ausmacht – von Januar bis Dezember. Brauchtum ist dabei wie die Kirchweih, die Osterbrunnen oder die Leonhardifahrten, Ausflüge in Klammen und auf Berge findet man ebenso wie traditionelles Handwerk und bayerische Rezepte. Dazwischen die Kalendertage mit den wichtigsten Terminen und viel Platz für eigene Notizen. Schön aufgemacht und mit einladenden Fotos ist das Büchlein ein feines Geschenk nicht nur für Bayern-Fans.
Heimattourist – ein Jahreskalender, Knesebeck, 192 S., 145 Euro

Reisen in die Natur

„Zu Fuß die Welt zu erfahren und zu erleben, ist etwas Wundervolles“, schreibt die Extrembergsteigerin Gerlinde Kaltenbrunner in ihrem Vorwort zu Christian Hlades „Das große Buch vom Wandern“. Und Manuel Andrack, „der deutsche Wandermeister“ schwärmt: „Wenn man Hlades Buch liest, hat man das Gefühl, das Gehen neu zu lernen“. Denn dieses Buch lädt die Leser ein, „Schritt für Schritt mir selbst, anderen Menschen und fremden Kulturen sowie neuen Landschaften zu begegnen“. Damit das auch klappt, gibt Hlade, Gründer des Wanderreiseveranstalters „Weltweitwandern“ , seitenweise Tipps und Tricks für erfolgreiche Touren – von der richtigen Ausrüstung bis zum Wanderwetter, vom „gesunden Wandern“ bis zu Höhenkrankheit. Er erzählt vom eigenen Lebensweg, in dem das Unterwegssein „zum Taktgeber meiner Selbstfindung“ wurde, stellt seine schönsten Wanderreisen-Länder vor und lässt Kollegen „Wanderperlen im Alpenraum“ beschreiben. Da bleibt kaum eine Frage rund ums Wandern offen – und schön aufgemacht ist dieser Ratgeber für Wanderer obendrein.
Christian Hlade. Das große Buch vom Wandern, Braumüller, 383 S., 25 Euro 

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