Rafik Schami lässt die Wüste erblühen
Reisebücher , Rezensionen / 7. September 2023

Da ist er wieder, der geniale Erzähler Rafik Schami, ein würdiger Erbe orientalischer Geschichtenerzähler. So ein Hakawati steht auch im Zentrum von Schamis neuem Roman „Wenn du erzählst, erblüht die Wüste“. Es ist wieder ein dickes Buch geworden aber weniger ein Roman als eine Geschichtensammlung. Ein bisschen 1001 Nacht Die Rahmenhandlung ist eher dürftig und erinnert ein bisschen an 1001 Nacht: Jasmin, die Tochter des Königs ist verliebt in einen Fischer und ahnt, dass die Beziehung unpassend ist. Weil sie keine Hoffnung sieht, erkrankt sie und kein Arzt weiß Rat. Da kommt Karam, der Hakawati, und bietet seine Hilfe an. Heilen will er die lebensmüde Prinzessin mit Hilfe von Geschichten. Nicht nur den eigenen, möglichst viele sollen erzählen. Zehn Nächte und ein gutes Ende Und so strömen die Untertanen in die große Halle, wo der König, die Prinzessin und ihre Zofe Nura den Geschichten lauschen. Zehn Nächte braucht Karam, um Jasmin ihre Lebenslust zurückzugeben – und sie mit ihrem Liebsten zu vereinen. Während dieser Zeit entspinnt sich auch eine Liebesgeschichte zwischen dem Witwer und der smarten Zofe Nura sowie zwischen Karams Tante Samia und dem Bettler Nader. Ein Ende wie es sich für ein Märchen gehört. Dramatische Vorgeschichte Die Vorgeschichte…

Rafik Schami: Magier der Erzählkunst
Allgemein / 23. Juni 2021

Vor einem halben Jahrhundert hat Rafik Schami Syrien verlassen. Das Land, aus dem seit Jahren wieder Millionen fliehen. Doch   der große Erzähler, der  jetzt seinen 75. Geburtstag feiern konnte,  trägt sein Land im Herzen. Und im Namen. Bedeutet doch das Pseudonym Rafik Schami doch „Freund aus Damaskus“. Sohn eines Damaszener Bäckers Die Lust am Erzählen hat der promovierte Chemiker wohl schon als Kind in den Gassen von Damaskus aufgesogen, wo er als Sohn eines Bäckers im christlichen Viertel aufwuchs,. Und wie es die Märchenerzähler in alten Zeiten taten, so webt auch er einen großen Erzählteppich aus vielen Mustern, die er übereinander legt. Ausufernde Fabulierfreude Seine oft ausufernde Fabulierfreude macht weder vor der Bibel noch vor dem Tod halt und gibt in einer Fülle von Geschichten immer wieder tiefe Einblicke in die syrische Gesellschaft. „Das Gedächtnis ist eine Stadt mit Gassen und Friedhöfen, mit Wirtshäusern und Gefängnissen – mit allem“, hat er einmal gesagt, oder auch „Die Zeit läuft wie ein Akkordeon.“. Erzählen gegen das Vergessen Ein Hauch von „Es war einmal“ durchzieht sein Werk, liegen doch die meisten Orte, von denen er schreibt, heute in Trümmern. Die Häuser werde man wieder aufbauen, da ist sich der Deutsch-Syrer sicher. „Was mir…

Rafik Schami und der Kardinal in Olivenöl
Rezensionen / 2. August 2019

Ein Fass mit der in Olivenöl eingelegten Leiche eines von Rom nach Syrien entsandten Kardinals wird bei der italienischen Botschaft in Damaskus abgeliefert. Wer hat den geistlichen Würdenträger ermordet? Und was hatte er in Syrien zu suchen? Das soll Kommissar Barudi, der kurz vor der Pensionierung steht, herausfinden. Das Plot klingt nach Krimi, doch der Autor Rafik Schami ist ein enthusiastischer Erzähler. Und so ist „Die geheime Mission des Kardinals“, die am Vorabend des Bürgerkriegs in Syrien spielt, weit mehr als ein üblicher Kriminalroman. Syrien am Rande des Zusammenbruchs Sie ist auch und vor allem ein Porträt der syrischen Gesellschaft am Rande des Zusammenbruchs. Denn Barudi bekommt es bei seinen Ermittlungen mit korrupten Geistlichen ebenso zu tun wie mit dem allgegenwärtigen Geheimdienst, der auch das Polizeipräsidium verwanzt hat, und hinter dem – natürlich – der allgegenwärtige Präsident steht: „Es ist seltsam, dachte Barudi, man macht das Radio an und hört den Präsidenten, man macht den Fernsehen an und sieht den Präsidenten, und wenn man alles ausschaltet, um in den Himmel zu sehen, dann zieht ein kleines Flugzeug einen dreißig Meter langen Spruch des Präsidenten durch die Luft. Die Titelseiten der Zeitungen und Zeitschriften klatschen dem Leser dessen grinsendes Bild ins…