Wiedersehen mit Nero Corleone

25. November 2020

Ach, wie habe ich diesen Kater geliebt: Elke Heidenreichs Nero Corleone ist mir ans Herz gewachsen als wäre es mein eigener. Ja, auch unser Mikesch war ein Streuner gewesen, ein schöner grauer Tiger mit einer ganz eigenen Persönlichkeit, der uns per Zufall ins Haus geschneit war. Die Söhne waren allesamt hin und weg über den vierbeinigen Familienzuwachs und mutierten über Nacht zu Katzenfans.

Hinauswurf aus Neros Katerwelt

Und dann habe ich dieses Buch entdeckt – Nero Corleone mit Bildern von Quint Buchholz. Wir haben es alle gelesen, dem Jüngsten habe ich es vorgelesen – und alle, auch der Vater, waren hingerissen. Nero hat uns verzaubert – und das „Aus“ im Buch erschien uns wie ein Hinauswurf aus Neros Kater-Welt. Wir aber wollten ihn gar nicht loslassen, haben das Buch wieder und wieder gelesen. Und der Jüngste hat sich angeeignet – und später auch mitgenommen in die eigene Wohnung in Berlin, in der jetzt auch Katzen leben.

Willkommene Rückkehr

Als Elke Heidenreich ihren Nero dann zurückkehren ließ, da hießen wir ihn so herzlich willkommen wie die Isolde im Buch. Auch die Söhne, die schon (fast) erwachsen waren. Wieder machte das Buch die Runde und wieder war es der Jüngste, der es gar nicht mehr hergeben wollte. Die Söhne haben inzwischen ihr eigenes Leben, wir haben drei Enkel und noch einen Kater, einen schönen grauen Tiger, der aussieht wie eine Wiedergeburt von Mikesch aber nicht dessen rebellischen Charakter hat.

Katerfreundschaft am Katzenstadel

Frederic ist ein Schmusetiger, faul und verfressen und unwiderstehlich mit seinen runden grünen Augen. Todtraurig war er, als sein langjähriger Kumpel Felix gestorben war, und heute noch scheint er die kleinen Raufereien und die großen Zärtlichkeiten zu vermissen, die die beiden so gerne austauschten. „Wir haben zwei schwule Kater“, sagten wir immer und lachten. Anders als Nero waren unsere zwei kastriert. Wir leben schließlich nicht auf dem Land, sondern mitten in der Stadt – am Katzenstadel.

Nero Corleone in Neuauflage

Und doch hat uns immer wieder viel an unseren Katern an diesen Nero Corleone erinnert, dessen Persönlichkeit Elke Heidenreich so unnachahmlich beschrieben hat,  und wir vermissten die Bücher. Jetzt hat der Hanser-Verlag die beiden Bücher neu aufgelegt. Ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk! Und wir sind glücklich über das Wiedersehen mit Nero Corleone, vielleicht werden wir die Bücher unsern Enkeln vorlesen –  oder auch unserem Kater Frederic, damit er weiß, was ein rechter Kater ist…

Und noch einmal Nero

Und dann habe ich in Elke Heidenreichs neuem Buch „Männer in Kamelhaarmänteln“ noch mehr über diesen schwarzen Kater gelesen, der uns über all die Jahre begleitet hat. Wie gut, dass auch der Verleger Nero kennengelernt hat!

Hineingelesen…

… in Nero in Ungaro

Nero war der Kater, dem ich alles verdanke. Nero war ein quiekendes, vernachlässigtes Bündel auf einem italienischen Bauernhof gewesen, ich hatte ihn mitgenommen und zu einem starken, großen deutschen Kater herangefüttert. Er war ein Filou, ein Charmeur, ein Räuber von Wurst, Gefühlen und Singvögeln, ein Mörder, ein Liebhaber, ein Mafioso. Nero Corleone. Einmal im Garten, ich hatte schon drei Gläser wein getrunken, saß in der Laube unter Rosen, glücklich, alles war so sanft, so friedlich, da sah ich ihm zu, wie er aus vermeintlich tiefem Schlaf, aus dem Liegen, aus der Ruhe senkrecht hochschnellte, um aus der Luft eine blaugrün schillernde Libelle zu fangen und zu zerkauen. Was für ein wundervoller Verbrecher.
Und einmal hatte ich meinen Verleger zu Grünkohl mit Mettwürstchen eingeladen, das Würstchen lag auf dem Grünkohl. Der Verleger trug wie immer ein weißes Hemd und ich ahnte nichts Gutes, als Nero sich von der Seite anschlich. Ich wusste, er konnte sehr groß sein, wenn er sich auf die Hinterbeine stellte, und ich kannte seine Teleskop-Pfote, die er immer länger herausschieben konnte, bis er… Ja, es kam genau so, der Verleger redete über Derek Walcott und zitiert:

„Ah, bread of life, that only love can leaven!
Ah, Joseph, though no man ever dies in his own country,
The grateful grass will grow thick from his heart“.

Da hatte Nero die Wurst bereits vom Teller gezogen, war damit in den Garten geflüchtet, und der Verleger saß da, über und über mit Grünkohl bespritzt, das weiße Hemd versaut, und er reagierte gar nicht, sah mich nur etwas länger an und sagte: „Über den solltest du schreiben.“

Info: Elke Heidenreich. Nero Corleone – Eine Katzengeschichte Mit Bildern von Quint Buchholz, Hanser, 88 S. 15 Euro
Elke Heidenreich. Nero Corleone kehrt zurück – Es ist immer genug Liebe da, Bilder von Quint Buchholz, 70 S., 15.50 Euro
Elke Heidenreich. Männer in Kamelhaarmänteln – Kurze Geschichten über Kleider und Leute, 224 S., 22 Euro

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