Die Cazalets ist eine groß angelegte Familiensaga von Elizabeth Jane Howard. Die Autorin hatte ein langes, bewegtes Leben, das sie wohl teilweise auch in ihren Büchern verarbeitete. 1923 in einer wohlhabende Holzhändlerfamilie geboren, fühlte sie sich von der Mutter ungeliebt. Die Ehe der Eltern scheiterte. Nach einem kurzen Versuch, Schauspielerin zu werden, heiratete sie mit 19 Jahren den Naturforscher und Marineoffizier Peter Scott, den sie nach dem Krieg verließ, um Schriftstellerin zu werden. Noch zweimal heiratete sie, auch die Ehe mit dem erfolgreichen Autor Kingsley Amis scheiterte. Elizabeth Howard starb vor sechs Jahren 90-jährig und von der Queen mit den Orden „Commander of the Empire“ geehrt. Und sie hinterließ eine Familiensaga, in der man viel von ihrem Leben wieder findet: Die Cazalets. dtv bringt alle fünf Bände in der Übersetzung von Ursula Wulfekamp heraus, drei Teile sind bereits erschienen: „Die Jahre der Leichtigkeit“, (siehe www.lilo-liest.de/zeitreise-ins-england-der-dreissiger/) „Die Zeit des Wartens“ und „Die stürmischen Jahre“. Frauen spielen die Hauptrolle In allen erweist sich Elizabeth Howard als exzellente Beobachterin, sensible Menschenkennerin und stilsichere Autorin. Für viele irritierend ist wohl, dass ein Großteil ihrer Familienchronik zu Kriegszeiten spielt, vor allem aber von Frauen handelt, von Liebe, Eifersucht, von Kindern und Haushaltssorgen. Und Elisabeth Howard…
Kalt ist es in dieser Fantasy-Geschichte von Nina Blazon, eiskalt zeitweise. Und nur manchmal wird den Lesern warm ums Herz. Dann, wenn es um Freundschaft geht, Zusammenhalt und später auch um Liebe. Aber zunächst ist Mailín, das Mädchen mit der schwarzen Sturmwind-Frisur und dem unbesiegbaren Herzen, allein auf sich gestellt, weil sie ihrer Freundin, der Fremdländerin Silja, zu Hilfe kommen möchte. Silja ist nach einem Fest in Mailíns Dorf spurlos verschwunden. Womöglich ist sie ein Opfer der sagenhaften Eisfischer geworden, die in den Winternächten angeblich Mädchen entführen. Mädchentrio auf gefährlicher Mission Wie im Märchen muss Mailín viele Hindernisse und Gefahren überwinden, bis sie zum Winterkönig in den Palast aus Eis gelangt. Und ohne die Hilfe der schlagkräftigen Elchreiterin Toma und des zarten aber der Zauberei mächtigen Webermädchens Brigida hätte sie Siljas Spur nie gefunden. Doch auch die Raben, denen sie ihren Spitznamen Rabenherz verdankt, sind eine große Hilfe. Und dann begegnet Mailín dem Mann aus ihren Albträumen. Eismund nennt sie ihn, weil er im Eis lag, schön und geheimnisvoll. Bald schon unterstützt Eismund die drei Mädel bei ihrer gefährlichen Suche. Nicht immer freiwillig, denn der Mann aus dem Eis hält wenig von Silja. Und auch Mailín muss erkennen, dass ihre…
„Die Zeiten, in denen Frauen nur als Musen herhalten mussten, sind vorbei. Wir sind jetzt die Künstlerinnen“, sagt Bell-Collective-Gründerin Alina Rudya selbstbewusst. Unter dem Namen der Reise-Pionierin Gertrude Bell versammelt das Kollektiv 14 professionelle Fotografinnen, „die alle ihr eigenes Ding machen“. In dem großformatigen Bildband Bell Collective findet sich vor allem Reisefotografie aus den unterschiedlichsten Perspektiven, immer aber aus weiblicher Sicht. Fotos, die Geschichten erzählen Alina etwa will, dass ihre Fotos eine Geschichte erzählen. „Poetic storytelling“ nennt sie das, was sie etwa mit Fotos der im Sand versinkenden namibischen Stadt Kolmanskop zeigt. Als „Inspiratorin“ begreift sich die Schweizerin Martina Bisau, die Berge und Wüsten liebt und gern in ihrem Bulli unterwegs ist. Menschen haben es es der Engländerin Annpurna Mellor angetan, bevorzugt in Indien. Die Italienerin Chiara Zonca dagegen liebt die Einsamkeit in der Natur, die sie gern aus unterschiedlichen Kamera-Perspektiven erkundet. Den Geist des Ortes einfangen – am liebsten in ihrer Heimat Siebenbürgen – möchte Lavinia Cernau. Auch Asa Steinardottir ist von ihrer Heimat (Island) geprägt und will Natur erlebbar machen – am liebsten bei stürmischem Wetter. Sonnenlicht und Schattenseiten Knallig bunt mag‘s dagegen die Schwedin Evelina Severin, die für ihre Fotos klare Linien schätzt. Emilie Ristevski, die im…
Gianrico Carofiglio ist bei uns eher als Krimi-Autor ein Begriff. In seinem Roman „Drei Uhr Morgens“ macht der Italiener sich auf eine Seelenerkundung. Eigentlich hatte Antonio kaum Kontakt zu seinem Vater. Die Eltern waren geschieden, und wenn man sich sah, kam man sich kaum näher. Als er wegen einer langwierigen Untersuchung mit dem Vater nach Marseille fährt, werden die Tage und schlaflosen Nächte für beide zu einer Reise ins Unbekannte: „Mir ging auf, dass ich gar nicht wusste, wie ich mit meinem Vater umgehen oder mit ihm reden sollte.“ Das wird sich ändern. Denn die beiden haben alle Zeit der Welt, sich einander anzunähern. Zwei Tage und zwei Nächte ohne Schlaf Für die Untersuchung soll Antonio zwei Tage und zwei Nächte ohne Schlaf zubringen, und sein Vater unterstützt ihn dabei. Vater und Sohn lernen dabei nicht nur einander besser kennen, auch das eher spröde Marseille, das ihnen anfangs nur hässlich und abweisend vorkam, erschließt sich ihnen mehr und mehr. Und Antonio muss erkennen, dass das Bild, das er sich von seinem Vater gemacht hat, auf falschen Voraussetzungen beruhte, dass die Trennung der Eltern wohl ganz andere Hintergründe hatte als die, die er sich vorgestellt hatte. Poetische Seelenerkundung Auch dem Vater…
Traumtreks im Hohen Norden hat Michael Vogeley immer wieder unternommen. Er kennt sich aus in der archaischen Natur nahe des Polarkreises. „Nördliche, auch arktische Regionen bilden eines der letzten Trekkinggebiete, die den Namen Wildnis noch verdienen“, schreibt Michael Vogeley im Vorwort zu seinem neuen Bildband. Sein reich illustriertes Buch versteht er als „Appetitmacher“ und einladend ist es auch gestaltet. Mit vielen Insider-Tipps zu Schwierigkeitsgrad, Trekking-Dauer, Übernachtungsmöglichkeiten… Weit weg von der Zivilisation Über allem steht Vogeleys Mahnung „Der gute Trekker passt sich der Natur an.“ Dass Trekkingtouren im Norden mehr und andere Organisation verlangen als im Süden, macht er gleich zu Anfang klar. Nicht nur in Grönland ist man als Trekker oft weit weg von der Zivilisation und „der Schöpfungsgeschichte ganz nah“. Das zeigen auch die eindrucksvollen Fotos, die Lust machen könnten, sich auf den Weg zu machen. Zum Beispiel auf den Arctic Circle Trail, der laut einer Umfrage als fünftschönster Fernwandertrek gilt und laut dem Autor zu den schönsten Trekkingtouren der Erde“ gehört. Trekking als Lebenselixier Dann Island „prall gefüllt mit Naturwundern“, die Wind umtosten Faröer Inseln, Schottland mit seinen Hochmooren und wilden Highlands, auf dem Great Glen Way auch für Anfänger erfahrbar. Im Gegensatz zur Isle of Skye, die…
„Wolfsegg, sagte der Vater. Früher waren die Berge das Reich der Wölfe, es erstreckte sich bis hinunter nach Slowenien. Die Wölfe besaßen Kristalle und Edelsteine im Überfluss, während die Menschen nur Eisensteine aus dem Berg holten. Die Wölfe verlachten sie wegen ihrer armseligen Ausbeute. Da begannen die Menschen das Erz unten im Tal zu schmelzen. Aus dem Eisen fertigten sie Waffen und rächten sich an den Wölfen, beraubten, vertrieben und töteten sie. Nur diese Mulde war für die Menschen unerreichbar, und so wurde sie zum letzten Zufluchtsort der Wölfe.“ Der Mob aus dem Dorf Es ist eine düstere, archaische Welt, die Peter Keglevic in seinem Thriller Wolfsegg beschreibt. Von Anhang an hängt das Verhängnis wie eine schwarze Gewitterwolke über Agnes und ihrer Familie. Das Mädchen leidet darunter, dass ihrem Vater ein Diebstahl angehängt wurde, als er seine Arbeit beim Herrn des Tals verlor. Förster war der Vater, und als solcher kannte er das Land und die Berge wie seine Westentasche. Trotzdem entkommt er nicht seinem Schicksal – und dem aufgehetzten Mob aus dem Dorf, der einen Mann rächen will, dessen guter Ruf durch Agnes und seine Familie Schaden gelitten hat. Die Hölle im Heim Der Vater wird tot geprügelt, die…
Holger Karsten Schmidt hat gerade den Bayerischen Filmpreis bekommen, im Fernsehen laufen seine Harzkrimis mit großem Erfolg ebenso wie die Reihe Nord bei Nordwest. Aber der Drehbuchautor kann auch anders. Kennengelernt habe ich ihn als Gil Ribeiro in Portugal. Hier habe ich auch mit ihm über Drehbücher gesprochen und darüber, warum er als Gil Ribeiro einen deutschen Kommissar mit Asperger Syndrom nach Portugal schickt. Zuerst einmal: Sie heißen eigentlich Holger Karsten Schmidt und sind unter diesem Namen als Drehbuchautor bekannt. Unter anderem haben Sie für den Tatort die Charaktere der Stuttgarter Ermittler Lannert und Bootz entwickelt und die Reihe Nord bei Nordwest. Drei Mal haben sie bisher den renommierten Grimme-Preis erhalten, zuletzt für das Filmdrama „Das weiße Kaninchen“. Und nun haben sie drei Krimis unter dem Namen Gil Ribeiro geschrieben. Wozu das Pseudonym? Holger Karsten Schmidt Ich habe unter meinem Namen ja auch noch den Mittelalter-Roman Isenhart verfasst. Unter dem portugiesisch klingenden Gil Ribeiro beginne ich eine neue Karriere als Autor von Krimis, die in Portugal spielen. Gil Ribeiro ist ein offenes Pseudonym. Das heißt, ich mache keinen Hehl daraus, wer dahinter steht. Ihr Kommissar Leander Lost hat Asperger. Wie Greta Thunberg, die junge Klimaschutz-Aktivistin aus Norwegen. Aber Leander trat…
Die Kluftinger-Autoren Klüpfel und Kobr haben sich mit dem Thriller „Draussen“ eine Auszeit vom Allgäu gegönnt. Und auch die mit ihren Allgäu-Krimis bekannt gewordene Nicola Förg kehrt mit ihrem neuen Buch dem Allgäu kurzfristig den Rücken. „Das Winterwunder von Dublin“ ist eine zuckersüße Weihnachtsgeschichte, die allen Pferdeliebhabern ans Herz gehen wird. Denn Nicola Förg liebt nicht nur Kriminalgeschichten, sie liebt auch Tiere. Vernarrt in Pferde und Ponys Im Ponyhof Prem am Lech ist Nicola Förg von Ponys, Katzen und Hasen umgeben. Auch die Hauptfigur in ihrem Roman, die angehende Tierärztin Stella, ist vernarrt in Pferde und Ponys. Deshalb trifft es sie umso härter, dass das Pony, das sie als Jugendliche betreut hat, offensichtlich sich selbst oder – noch schlimmer – einem Pferdemetzger überlassen wurde. Um „Puzzle“ zu retten, setzt Stella, die für Weihnachten zu ihren Eltern nach Irland heimgekehrt ist, alle Hebel in Bewegung. Ein junger Fernseh-Filmer spielt nicht nur dabei eine wichtige Rolle. Ende gut, alles gut Und wie es sich für ein Weihnachtswunder gehört, geht alles gut aus, obwohl Stella zwischendurch von Zweifeln geplagt wird. Ganz nebenbei erfahren die Leser auch viel über die Geschichte Irlands, den großen Hunger zum Beispiel oder die Tinker, die mit ihrer Habe…
Greta Thunberg kennt heute jedes Kind. Die 16-jährige Schwedin mit den Zöpfen ist zur Ikone der Umweltbewegung geworden, seit sie sich mutterseelenallein mit einem Plakat „Skolstrejk for Klimatet“ vor den Schwedischen Reichstag in Stockholm setzte, um gegen den Klimawandel zu protestieren. Das ganze Jahr über gingen auf aller Welt junge Menschen auf die Straße, um wie Greta gegen Umweltverschmutzung und Erderwärmung zu demonstrieren. Angst um die Zukunft unserer Welt „Fridays for Future“ sollte zum Weckruf für die Politik werden. Denn vor allem die jungen Menschen fürchten um ihre Zukunft. Die Italienerin Viviana Mazza, die auch schon über das Leben der jungen pakistanischen Menschenrechtlerin geschrieben hatte, erzählt in dem Büchlein „Jeden Freitag die Welt bewegen“, wie aus einer oft gemobbten schwedischen Schülerin mit Asperger Syndrom eine Heldin unserer Tage wurde. Sie zeigt auf, was Greta bewegt und was ihre Altersgenossinnen und -genossen auf die Straße treibt. Was tun gegen den Klimawandel? Im Anhang werden die wichtigsten Begriffe rund um den Klimawandel erklärt. Auch, was jeder Einzelne dagegen unternehmen kann, lässt sich hier nachlesen. Das Büchlein ist leicht zu lesen, es regt zum Nachdenken an und sensibilisiert vielleicht auch die Eltern oder Lehrer, sich Gedanken über die Zukunft ihrer Kinder und Kindeskinder…
Nein, ein Wiener Kochbuch hat Vincent Klink nicht verfasst, eher einen literarischen Spaziergang mit einigen Rezepten. Es geht in dem lesenswerten Buch auch nicht nur um Gast- und Kaffeehäuser – die wichtigsten sind im Anhang extra aufgeführt. Vincent Klink nimmt die Leser mit auf einen genussreichen Bummel durch Wien, lässt sie am Nebentisch Platz nehmen, wenn er mit seiner Frau parliert und sich über die berühmte Wiener Melange amüsiert, die dank Zuwanderung entstanden ist. Kann man seiner Meinung nach doch „Volk und Sitten“ am besten im Gasthaus studieren. Schließlich ersetze „ein bratendurftendes Gasthaus jeden Psychotherapeuten“. Plaudernd von Gasthaus zu Gasthaus Und so „hangelt“ sich das Paar schon auf dem Weg nach Wien von Gasthaus zu Gasthaus – vom Hofgut Hafnerleiten bei Bad Birnbach, „Fluchtort für gestresste Großstädter“ über das Schlosshotel Dürnstein in der Wachau bis zum Sacher. Schon die Anreise gibt dem belesenen Koch Gelegenheit für kurzweilige Geschichtslektionen und überraschende Gasthaus-Entdeckungen am Wegrand. Und erst recht in Wien findet Klink reichlich Gelegenheit zu plaudern – über das Sacher und den hauseigenen Lungenstrudel etwa, über die Habsburger und den Sisi-Mythos und natürlich über Wien, „die Kapitale des gekochten Fleisches“. Nebenbei wettert Klink gegen die „Erbsenzählerei“ in Deutschland, wo im Restaurant jeder…