Berge: Hüter des Eises

13. September 2023

Für Blandine Pluchet sind die Berge „die letzten unberührten Inseln in unseren modernen Gesellschaften“. In ihrem Buch lädt sie die Lesenden zu einer Wanderung ein, bei der es um nicht weniger als um die Entdeckung der Weltgesetze geht. Die studierte Physikerin sieht die Berge nicht nur dort, wo man sie erwartet. Sie entdeckt Spuren verschwundener Gipfel auch in ganz unspektakulären Landschaften. Und dann sind die Berge für sie auch ein Fenster zum Kosmos.

Versuchslabor für Wetterphänomene

Zur Höhenforschung – die Berge funktionieren oft als Frühwarnsystem für Klimaveränderungen – geht es ins Schneefernerhaus auf der Zugspitze, wo ähnliche klimatische Verhältnisse herrschen wie in der Arktis und die Luft klar ist, frei von Feuchtigkeit und Staub. Hier bekomme man einen anderen Blick auf die Welt, sagt einer der Forscher. Seine Besucherin lernt, dass das Gebirge ein „regelrechtes Versuchslabor für Wetterphänomene“ ist, wo sich sämtliche Wolkenformen beobachten lassen.

Das Gebirge leidet

Der größere Wasserdampfgehalt der Atmosphäre, erfährt Blandine Pluchet, führt nicht nur dazu, dass sich mehr Wolken bilden, er erhöht auch die Wahrscheinlichkeit extremer Wetterereignisse.
Und das Abschmelzen der Gletscher hat nicht nur für die Bergwelt katastrophale Folgen. Denn die alpinen Gletscher sind auch ein europäisches Wasserreservoir und die Gebirge die Hüter des Eises. „Das Gebirge leidet“, schreibt die Bergfreundin und warnt davor, dass die Veränderungen zu schnell gingen. Deshalb rufe die Wissenschaft zum Handeln auf.

Die Macht der Erosion

Zurück im französischen Poitou erfährt Blandine Pluchet anhand einer winzigen Blume, dass die kleinen Hügel Reste eines gewaltigen Bergmassivs sind und entdeckt im „Garten der Riesen“ mächtige Granitkugeln „Chirons“, um die sich viele Sagen ranken. Geformt wurden auch sie durch die Erosion.

Kristallsucher und Bergwerke

Der Geschichte der Berge gehen auch die Kristallsucher auf den Grund, die schon im 18. Jahrhundert den Weg zu den Gipfeln ebneten. Ein Ehrenkodex verpflichtet sie, nur mit Hammer und Meißel zu arbeiten. In Bergwerken wurden und werden dagegen die Schätze der Berge ausgebeutet.

Tor zum Sternenhimmel

Auf ihrer „Wanderung zur Entdeckung der Weltgesetze“ wird es für Blandine Pluchet immer wichtiger, den Bergen mit Respekt zu begegnen. Erfahrungen auf dem Jungfraujoch, wo sie womöglich die letzte Eiszeit erlebt, bestärken sie darin. Denn die Berge „bekommen die Auswirkungen von Umweltverschmutzung und Klimawandel voll zu spüren“. Und eine Nacht in den Cevennen öffnet ihr das Tor zu einem grenzenlosen Sternenhimmel und damit „ein Fenster zur Unermesslichkeit der Welt“.

Fragilität der Alpen

Blandine Pluchets von Laetitia Locteau auffallend schön illustrierte Vermessung der Berge ist wissenschaftlich, philosophisch und poetisch zugleich. Das Buch öffnet den Blick für die Fragilität der Alpenregion und macht nachvollziehbar, wie wichtig die Berge für uns Menschen sind –  nicht nur als Hüter des Eises.

Info Blandine Pluchet. Die Vermessung der Berge, BergWelten, 216 S., 28 Euro

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