Dror Mishani weiß, wie Spannung geht. Auch in seinem neuen Roman „Drei“, der gar nicht als Krimi firmiert. Was Orna fühlt, wird die Leser die nächsten 250 Seiten lang begleiten: „Die Angst, die ihr in jener Nacht die Kehle zudrückte, war so stark wie an dem Tag, an dem sie Gil mit seiner Frau begegnet war, und auch die Wut war dieselbe, was sie abermals denken ließ, dass sie auch an jenem Tag im Grunde auf Ronen böse gewesen war und nicht auf Gil; dass auch ihre Beklemmung nicht unmittelbar mit Gil zusammenhing und damit, dass er sie belogen hatte, sondern mit dem, was diese armselige Beziehung über ihr Schicksal und ihr Leben besagte.“
Die Erwartungen sind nicht allzu hoch
Orna ist frustriert, seit ihr Mann Ronen sie und ihren Sohn Eran für eine Frau verlassen hatte, die eigene Kinder mit in die Verbindung brachte. In Gil hatte sie gedacht, einen Ersatz zu finden. Der Mann sieht zwar nicht besonders gut aus, ist auch nicht besonders charmant, aber zuverlässig und eher unaufdringlich. Durchschnitt eben, ein Mann für jeden Tag. Aber was konnte eine Frau wie Orna denn schon erwarten?
Frauen voller Lebenshunger
In drei Kapiteln erzählt der israelische Autor Dror Mishani von Orna und zwei Leidensgefährtinnen. Wie sie sind auch die einsame Altenpflegerin Emilia aus Riga und die dritte Frau, eine ehrgeizige Studentin mit drei Kindern, gestresst aber voller Lebenshunger. Und sie alle kommen auf die eine oder andere Art mit dem scheinbar so hilfsbereiten Anwalt Gil zusammen.
Ein Roman wie ein Überraschungsei
Das klingt nicht besonders aufregend, aber von Anfang an schleicht sich das Gefühl einer Bedrohung ein. Die Leser fühlen wie Orna, dass etwas nicht stimmt, ahnen aber nicht, was auf sie zukommt. Dror Mishanis „Drei“ ist wie ein Überraschungsei. Das Beste kommt zum Schluss. Von Anfang an hat der Autor seine Leser an der Angel und da hält er sie auch bis zum überraschenden Ende. „Drei“ ist ein raffiniert konstruierter Krimi, der sich Zeit nimmt, die Charaktere der drei Frauen und ihr Umfeld zu auszuloten und der konsequent aus weiblicher Sicht geschrieben ist – mit klug eingesetzten Perspektiv- und Zeitenwechseln. Ein Lesevergnügen.
Info: Dor Mishani. Drei, Diogenes, 335 S., 24 Euro
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