Mörderische Megacity

18. Oktober 2023

Ist das die Welt, in der wir leben wollen? Laurent Gaudé schreibt in seinem Roman „Hund 51“ über eine nicht zu ferne Zukunft, in der nicht mehr Politiker die Welt regieren, sondern monopolistische Konzerne. Es gibt auch keine Nationalstaaten mehr, dafür ein brutales Klassensystem, in dem Menschen nicht mehr wert sind als ein Hund – wenn sie denn der unterprivilegierten Schicht angehören.

Der einsame Held

Wie im literarischen Cyber Punk der 1980er Jahre gibt es auch in dieser Dystopie einen einsamen Helden. Zem Sparak gehört zu den Verlierern des Fortschritts. Seine Heimat Griechenland existiert nicht mehr. Er lebt in Zone 3, der Zone der Abgehängten, die schutzlos dem Wüten der Natur ausgeliefert sind. Der Mann ist desillusioniert und versieht seinen Dienst als Polizist ohne großes Engagement. Dann wird eine übel zugerichtete Leiche gefunden, und Zem bekommt den Auftrag, zusammen mit der ehrgeizigen Kommisarin Salia aus der privilegierten Zone 2 zu ermitteln.

Keine Hoffnung

Dass Salia ihn als Hund bezeichnet, der da schnüffeln soll, wohin sie ihn schickt, stört Zem kaum. Er hat schon längst den Glauben an das Miteinander der Menschen verloren, auch die Hoffnung auf bessere Zeiten. Doch irgendwie kommen die beiden unterschiedlichen Ermittler doch noch zusammen, ja es entsteht fast so etwas wie eine Beziehung zwischen ihnen. Die allerdings nimmt Zem ernster als die Frau, die ihrem Ehrgeiz so ziemlich alles unterordnet. Doch gemeinsam kommen die beiden einer üblen Verschwörung auf die Spur, bei der es um manipulierte Eternytox-Implantate geht, die eine Lebensverlängerung möglich machen. Dass sie bei ihren Ermittlungen die Kreise der Mächtigen stören, hat für Salia böse Folgen.

Desillusionierte Welt

In dieser düsteren Welt von Cyborgs und Megacities gibt es zynische Profiteure aber auch Widerstand. Neben dem Erzähler lässt Laurent Gaudé auch den Chef der Résistance zu Wort kommen, der wenig Chancen in dieser desillusionierten Welt hat. Eine zweite Stimme ist die der jungen Ira Cuprack, die mit Hilfe ihrer Schönheit und des einflussreichen Liebhabers auf einen Aufstieg in Zone 2 hofft. Und Zem? Flüchtet sich in virtuelle Welten, die ihm eine heile Vergangenheit vorgaukeln. Doch irgendwann muss er sich auch seiner Schuld stellen…

Parallelen zur Gegenwart

Die Sprache ist eher karg, manchmal etwas holprig, was womöglich an der Übersetzung liegt. Die Parallelen zu unserer Zeit sind überdeutlich. Der Kapitalismus frisst seine Kinder, und im Hintergrund lauert die Klimakatastrophe. Ein beunruhigender Roman, düster und melancholisch.

Info Laurent Gaudé. Hund 51, dtv, 333 S., 24 Euro

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