So ein Besuch verlassener und vergessener Orte kann ganz schön abenteuerlich sein – nicht nur an Halloween, dem Tag der Geister. Zumindest deutet Cornelia Lohs das in den Verhaltensregeln an, in denen sie nicht nur darum bittet, die Orte mit Respekt zu behandeln, sondern auch dazu rät, nicht allein zu gehen und sich mit festem Schuhwerk und reißfester Kleidung auszurüsten.
Römerkastell und Rakete
Dann kann‘s losgehen. 33 düstere und unheimliche Orte hat die Cornelia Lohs im Odenwald aufgespürt: verfallene Klöster, Burgruinen, verlassene Friedhöfe, Höhlen, ja sogar Galgen. Manche der Orte stammen aus der Römerzeit wie die Ausgrabungen des Römerbads Kastell Würzburg, andere aus der Neuzeit wie das Raketenmodell am Ortseingang von Hardheim, das an den Raumfahrtpionier Walter Hohmann erinnern soll.
Relikte aus der Nazizeit
An eine düstere Geschichte aus nicht allzu lang vergangener Zeit erinnert der „Goldfisch-Pfad“, ein zweieinhalb Kilometer langer Rundweg im Obrigheimer Wald, der die oberirdischen Überreste zweier unterirdischer Rüstungsfabriken aus der Nazizeit verbindet. An zehn Stationen wird von dem Menschen verachtendem Projekt (Tarnname Goldfisch) erzählt, von Rüstungswahn und Zwangsarbeit.
Schaurige Szenerie
Cornelia Lohs ist ihren „Lost & Dark Places“ sehr nahe gekommen, hat sie so fotografiert, dass sie besonders schaurig wirken – vor dunklen Wolken, im Nebel. Manche dieser Plätze hat sich die Natur zurückgeholt, hat sie so verwandelt, dass die Ursprünge kaum mehr erkennbar sind. Andere haben die Zeiten besser überdauert oder wurden aus dem Dornröschenschlaf geweckt. Schaurig wirkt auch heute noch der Beerfelder Galgen. Cornelia Lohs beschreibt nicht nur diese „Richtstätte mit Aussicht“, sie berichtet auch, wie gerichtet wurde und woher der Begriff Galgenvogel kommt.
Nibelungen und Parzival
Für ihr Buch hat sie gründlich recherchiert, hat Geschichtsbücher durchforstet und Sagen gelesen. Der Siegfriedsbrunnen in Gras-Ellenbach könnte demnach tatsächlich der Platz gewesen sein, wo Hagen von Tronje den Helden erschlagen hat. Und womöglich war die Burgruine Wildenberg wirklich Vorbild für legendäre Gralsburg in Wolfram von Eschenbachs Parzival.
Spannende Ziele
Andere „Lost Places“ erzählen von kriegerischen Auseinandersetzungen, von Mord und Totschlag, aber auch von Liebesleid und Frömmigkeit. Wer keine Angst vor Geisterheeren, weißen Frauen und sonstigen mysteriösen Erscheinungen hat, findet in diesem Büchlein spannende Ziele für abenteuerliche Entdeckungen.
Info Cornelia Lohs. Lost & Dark Places Odenwald, Bruckmann, 160 S., 22,99 Euro
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