First Overland – als erste auf dem Landweg von Paris nach Singapur: Was heute kaum mehr möglich wäre und vor fast 70 Jahren für unmöglich gehalten wurde, haben sechs britische Studenten unternommen. Mit zwei Land Rovern fuhren sie durch 21 Länder und wagten sich dabei an unbefestigte Passstraßen ebenso wie durch gefährliche Furten und unwegsame Dschungelwege. Als sie wieder zurück waren, hatten sie über 50 000 Kilometer hinter sich gebracht. Das Buch über ihre abenteuerliche Reise wurde zu einer Bibel für Überlandfahrer. Jetzt liegt es auch in deutscher Übersetzung vor.
Eine verrückte Idee
Am Anfang war es nur eine verrückte Idee. Wie sie zu dem großartigen Reiseabenteuer First Overland gedieh und was die Teilnehmer dabei erlebt haben, das schildert Autor Tim Slessor so mitreißend, dass man das Gefühl hat, dabei zu sein. Zwischendurch kommen auch die Mitreisenden zu Wort – mit Tagebucheinträgen oder besonderen Erfahrungsberichten. Auch das macht das Buch so authentisch. Und die Fotos von den „verrückten Engländern“, wie die sechs gern genannt wurden, und ihren unverwüstlichen Fahrzeugen zeigen die gegensätzlichen Erfahrungen auf einer Reise, die mehrmals zu scheitern drohte.
Zu Hause im Empire
Heute, da hat Sir David Attenborough im Vorwort Recht, wäre sie tatsächlich unmöglich – schon aus politischen Gründen. Allein im Mittleren Osten hätten die Jungs ganz andere Probleme als das Fehlen von Porridge oder kleinliche Streitereien in der Gruppe. Und immerhin gab es damals noch das britische Empire. Fast überall konnten sich die akademischen Weltenbummler auf die Gastfreundschaft ihrer Landsleute verlassen. Botschaften und Konsulate standen ihnen offen, und das „home office“ sorgte in England für den nötigen diplomatischen Rückhalt. Schließlich gab es damals weder Handys noch google maps. Alles musste schriftlich geregelt werden und kostete entsprechend Zeit.
Erlebnisse und Erfahrungen
Aber die Expedition, wie die Sechs ihre Reise nannten, kam gut voran und lohnte den Aufwand mit einmaligen Erlebnissen. Etwa im märchenhaft schönen Persien (heute Iran), wo sich die Überland-Reisenden über ein von den Amerikanern gestiftetes ultramodernes aber leer stehendes Krankenhaus wunderten. In Pakistan, wo sie die Fortschritte der TDA (Thal Evelopment Authority) begutachteten, Wüste in Ackerland zu verwandeln und die Geschichte des Dudelsacks erforschten.
Gefährliches Burma
Für die Fotografen des First Overland Teams gehörte Kathmandu zu den Höhepunkten der Reise ebenso wie Darjeeling, wo Slessor ins Schwärmen geriet: „Es war einer jener Tage, an denen man seinen Augen nicht von etwas abwenden kann, aus Angst, man würde sonst etwas verpassen.“ Dann Burma, das heutige Myanmar, wo die Expedition ihre Eskorte immer wieder verlor, die Autos „über einige der wohl schwierigsten Stellen der Welt“ fuhren und die sechs Engländer mit viel Glück überlebten.
Reise durch die Zeit
All das liest man gern, reist mit den Jungs, die heute alte Männer sind, durch die Zeit und erfährt ganz nebenbei, wie sehr sich unsere Welt in den letzten 70 Jahren verändert hat – nicht unbedingt zum Besseren.
Info Tim Slessor. First Overland, Malik, 384 S., 26 Euro
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