Erkundung des Jenseits

7. November 2022

Wie kein anderer Monat gemahnt der November die Menschen an die Endlichkeit des Lebens. Von der „letzten Reise“ ist oft die Rede. Wie das Ziel dieser Reise aussehen könnte, darüber haben sich die Menschen immer schon den Kopf zerbrochen. Doch Himmel und Hölle spielten in allen Vorstellungen eine wichtige Rolle. Im Atlas des Teufels  lädt Edward Brooke-Hitching mit fantastischen Illustrationen und ebenso kundigen wie respektlosen Texten zu einer ganz besonderen Reise ein.

Reise durch die Höllen der Religionen

„Das vorliegende Buch ist ein Atlas des Jenseits, ein Führer in das ‚unentdeckte Land, von des Bezirk kein Wanderer wiederkehrt‘“, schreibt Edward Brooke- Hitching im Vorwort. Mit dem  Atlas des Teufels  hat sich der Engländer nicht weniger vorgenommen als eine Erkundung des Jenseits. „Wie sind die Orte konkret beschaffen, und wen kann man dort antreffen“, fragt der Autor und nimmt die Lesenden mit auf eine fabelhafte Reise durch die Höllen der Religionen, Philosophien und Künste.

Drastische Darstellungen der Höllenstrafen

Einfach ist das Ganze nicht, auch wenn die Höllenbilder aus den unterschiedlichsten Kulturen auffallende Ähnlichkeiten haben. Wobei die Jenseits-Vorstellungen oft reichlich bürokratisch daherkamen – mit Abteilungen und Unterabteilungen und strengen Regeln für die Bestrafung der Sündigen oder auch die Belohnung der Seligen. Die Illustrationen über die Höllenstrafen lassen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig – ob sie nun von den Zoroastrern stammen, von Hindus oder Christen, aus dem Reich der Inka, oder aus dem Islam.

Totengöttin und Göttliche Komödie

Den Begriff Hölle führt der Autor auf die nordische Totengöttin Hel zurück, die eine unterirdische Nachwelt gleichen Namens beherrschte: „Sie machte im Christentum weltweit eine Riesenkarriere, weil…der germanische Begriff ‚Hell‘ oder ‚Hölle‘ nahezu durchgängig für jede Art von Unterwelt oder Totenreich eingesetzt wurde.“ Und dann war da noch Dante, der mit seiner „Göttlichen Komödie“ das westliche Höllenbild entscheidend geprägt und Kartografen beflügelt hat, die sich abmühten, die Danteschen Höllenkreise ebenso zu verorten wie den „Läuterungsberg“.

Dschanna und Paradies

Aber keine Hölle ohne Himmel. Der zweite Teil des Atlas des Teufels widmet sich dem himmlischen Nachleben, den elysischen Gefilden und den Inseln der Seligen. Dabei stellt Edward Brooke-Hitching fest, dass das islamische Dschanna „immer schon weitaus sinnlicher und erotischer“ war als das christliche Paradies: „Den Gottesfürchtigen erwartet ein sicherer Ort mit Gärten und Weinbergen und Jungfrauen mit schwellenden Brüsten im richtigen Alter“.
Aber ach, das Paradies ist nicht von dieser Welt,  und bisher konnte es auch im Weltraum nicht gefunden werden. Umso besser, dass mit diesem außergewöhnlichen Reiseführer eine Erkundung des Jenseits ganz und gar mühelos ist.

Info Edward Brooke-Hitching. Der Atlas des Teufels, Knesebeck, 255 S., 35 Euro,

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