Mit Stinki in den Stan-Staaten

23. März 2020

Eigentlich wissen sie von Anfang an, worauf sie sich einlassen. Der nicht ganz taufrische Subaru-Bus steht nicht um die Ecke, sondern in Bischkek/Kirgistan. Aber irgendwie reizt Vanessa Scharsching und Christian Biermann das Abenteuer. Und sie lassen sich auch davon nicht entmutigen, dass ihr Bus geplündert worden ist. 30 Jahre hat der Subaru Libero auf dem Buckel und danach riecht er auch. Trotzdem wächst Stinki, wie sie ihr fahrbares Zuhause nennen,  dem österreichischen Pärchen sogleich ans Herz.

Scheinehe gegen die Neugier

Learning by doing heißt fortan die Devise, denn Stinki braucht viel Zuwendung mittels Reparaturen, und die Automechaniker in Kirgistan sind da eher überfordert. Doch außer den üblichen Pannen und neugieriger Fragen sind die beiden Abenteurer begeistert vom Land, bewundern Sportarten wie Pferdewrestling und Ziegenpolo, gehen „eine äußerst intakte Scheinehe“ ein und ringen sich auch dazu durch, vergorene Stutenmilch zu trinken, um die Gastgeber nicht vor den Kopf zu stoßen.

Auf der Gefühlsachterbahn

Stinki absolviert derweil Kurven, Schlaglöcher und Wellblechpisten. „Der Subaru war ja nicht nur Anstoß für unsere Reise und Anstoß einiger Schimpftiraden gewesen, sondern auch immer wieder Anlass für unvergessliche Begegnungen mit Einheimischen“, notiert Vanessa Scharschning dankbar: „Kinder und Erwachsene liebten Stinki.“ Leicht ist es trotzdem nicht, mit dem reparaturbedürftigen Gefährt unterwegs zu sein. „Wir fuhren Gefühlsachterbahn.“ Auch deshalb bleibt Stinki zurück, als die beiden sich ins Pamir-Gebirge wagen, eine „Gegend der Superlative“.

Stinkis Lebensabend in Kirgistan

Vor Duschanbe macht Scharschning einen kleinen historischen Exkurs, der das „linguistisch-kulturell-religiöse Knäuel in Zentralasien“ zumindest zu erklären versucht. „Momente, die einen zumindest mittelfristig ein bisschen erden“ gibt es immer wieder. Nach fantastischen Landschaftserlebnissen und Begegnungen mit Menschen, deren karges Leben für die Globetrotter unvorstellbar ist, geht die Reise weiter nach Usbekistan, wo mehr Kulturtourismus angesagt ist. Am Ende wird der – mittlerweile wieder reparierte – Stinki „in einen schönen Lebensabend auf kirgisischen Straßen entlassen. Die beiden haben einen Käufer für ihr altersschwaches Gefährt gefunden. Vanessa Scharsching hat für die turbulente Reise den richtigen Ton gefunden – mit einer Prise Selbstironie. So liest sich das Roadmovie locker und unterhaltsam. Die Fotos – leider sehr klein – von Christian Biermann helfen dabei, im Kopf mit zu reisen. Und das ist jetzt doch das Allerbeste.
Info: Vanessa Scharsching. Wer geradeaus fährt, muss betrunken sein, Knesebeck Stories, 240 S., 18 Euro, ISBN 978-3957283887

Keine Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert