Sind Maschinen die besseren Menschen?

23. Mai 2019

Ian McEwan stellt in seinem neuen aufregenden Roman „Maschinen wie ich“  nichts weniger als die großen Fragen unserer Zeit: Wie menschlich können Maschinen sein? Können Roboter Gefühle haben, Moralvorstellungen? Entwickeln sie womöglich selbstständig ein Bewusstsein und konkurrieren dann mit den Menschen? Was lässt sich programmieren und wo scheitert der Schöpfer?
Adam und Eve heißen die Roboter in dem Roman, in dem sich der Mensch zum Schöpfer macht.  25 solcher humanoiden Roboter sind auf dem Markt, zwölf Adams, 13 Eves. Einen davon hat sich Charlie Friend geleistet, der Ich-Erzähler des Romans, ein Lebenskünstler, der nach etlichen gescheiterten Karriereversuchen mehr schlecht und recht vom Online-Aktienhandel lebt.

1982  in einer anderen Zeit

Wir schreiben das Jahr 1982, und Ian McEwan ändert den Lauf der Geschichte: Er lässt Margaret Thatchers Rivalen Tony Benn an die Macht und später bei einem Attentat umkommen und John F. Kennedy ebenso am Leben wie John Lennon. Der 1912 geborene Computerpionier Alan Turig, der 1954 wegen seiner Homosexualität in den den Selbstmord getrieben wurde, ist bei McEwan auch noch unter den Lebenden und mitverantwortlich für das Projekt humanoider Roboter.
Charlie bewundert den Mann, und er ist verliebt in seine Nachbarin Miranda, eine Studentin. Mit Adam will er auch ihr imponieren. Doch die Maschine entwickelt einen eigenen Willen, eigene moralische Maßstäbe. Adam ist kein Kind, das Charlie und später auch Miranda in ihrem Sinn erziehen könnten so wie sie es bei dem kleinen Mark erhoffen, der von seinen Eltern zur Adoption freigegeben wird.

Der Roboter hat strenge moralische Prinzipien

Im Gegensatz zu dem Vierjährigen ist Adam eine hochentwickelte Intelligenz, die Haikus dichtet und Shakespeare zitiert. Dass der Roboter Charlie im Bett mit Miranda aussticht und später auch beim Schwiegervater in spe, geschenkt. Schicksalhaft ist, dass Adam, was die Moral angeht, strengen Prinzipien folgt und damit Charlies und Mirandas Zukunft aufs Spiel setzt.
Und seine Zukunftsvision ist alles andere als beruhigend: „Wir werden in einer geistigen Gemeinschaft leben und zu jedem Kopf unmittelbaren Zugang haben. Die Vernetzung wird so weit gehen, dass die individuellen Knotenpunkte der Subjektivität sich auflösen in einem Ozean von Gedanken, wofür das Internet nur ein kruder Vorläufer ist. Und da wir in den Köpfen aller leben werden, wird jede Verstellung unmöglich.“ Am Ende bleibt Charlie nichts als ein Befreiungsschlag…

Der Gegen-Frankenstein

Ian McEwan sieht seinen Adam als eine Art Gegen-Frankenstein, einen mitfühlenden Roboter, der daran scheitert, dass er die Menschen nicht verstehen kann, weil sie sich selbst nicht verstehen. „Wenn wir unser eigenes Innerstes nicht begreifen, wie sollten wir da ihres gestalten und erwarten, dass sie mit uns glücklich werden?“
Info: Ian Mc Ewan. Maschinen wie ich, Diogenes, 405 S., 25 Euro

Keine Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert