Sirenengesänge und Seemannsgarn

12. Dezember 2022

Das Meer „ist in jeder Hinsicht immens“, schreibt Richard Hamblyn in der Einleitung zum gleichnamigen Buch – und es ist immens wichtig für Mensch und Tier. Allerdings überfordere es die menschliche Vorstellungskraft. Mit seinem Buch unternimmt der Engländer den Versuch „einer kulturell und geografisch geprägten Reise von den Flussmündungen bis zu den Tiefseegräben“, die mit „wahrscheinlichen Zukunftsszenarien für unsere Maritime Umwelt“ endet.

Gormleys  „Another Place“

Seit Homers Zeiten seien „kreative Geister wie besessen vom lockenden Sirenengesang des Meeres“ schreibt Hamblyn und präsentiert solche kreativen Geister wie den Bildhauer Anthony Gormley. Mit seiner beunruhigend realistischen Unterwasser-Installation „Another Place“ rufe Gormley den Untergang verletzlicher Küsten ebenso ins Bewusstsein wie „das Auftauchen der Menschheit aus dem Ozean vor Anbeginn der Zeit“.

Strandräuber und Seebäder

In den folgenden Kapiteln spürt Richard Hamblyn alten Mythen, Schiffshavarien und Strandräubergeschichten ebenso nach wie modernen Interpretationen von Meeressehnsucht oder dem Klimawandel. Er entwirrt Seemannsgarn und erklärt das moderne SeaSpeak, eine Art Basic English für die Containerschifffahrt. Er beschreibt, wie sich Fischerdörfer in Seebäder verwandelten. Und er erinnert an die „Friendly Floatees“, Plastikschwimmtiere, die von einem havarierten Frachter aus auf Weltreise gingen und neue Erkenntnisse über Meeresströmungen vermittelten.

Forschung und Kunst

Ein Großteil des Buches widmet sich der Meeresforschung, ein anderer der Rolle des Meeres in der Literatur und der Kunst bis hin zu Meeresfilmen und Shantys. Hamblyn hat sich gründlich informiert, zitiert Historiker, Autorinnen und Wissenschaftler, räumt mit Vorurteilen auf und warnt vor einem Temperaturanstieg in den Meeren.

Der Wert der Meere

Am Ende bleibt nur die Hoffnung: „Wenn der Ozean eine anerkannte weltweite Schutzzone wäre, würde die Menschheit vielleicht allmählich lernen, den Wert der Meere und ihrer fragilen Ökosystem zu schätzen und Lehren aus den Fehlern der Vergangenheit zu ziehen.“ Vielleicht hilft auch dieses schön gestaltete und reich illustrierte Sachbuch von Richard Hamblyn bei der Aufklärung über die Bedeutung der Meere auch für das Überleben der Menschheit. Zu wünschen wäre es.

Info Richard Hamblyn. Das Meer, Knesebeck, 272 S., 22 Euro

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