Weitwandern als Lebensinhalt

9. Juni 2020

Unter 1000 Kilometer fängt Christine Thürmer „erst gar nicht an“. Deutschlands wohl bekannteste Weitwanderin ist überzeugt davon, dass man sich quälen muss, um echte Glücksgefühle zu erleben. „Weitwandern wird Sie lehren, Ihren Körper zu lieben. Es wird Ihnen Zukunftsängste nehmen und Freiheit schenken… Es wird Sie zu einem glücklicheren Menschen machen.“ Wie das funktionieren soll, davon handelt Thürmers neuestes Buch „Weite Wege wandern“, in dem sie Erfahrungen aus ihrer Weitwanderer-Karriere und ihrem minimalistischen Lebensstil großzügig weiter gibt.

Sogar der Löffel hat Löcher

Alle Besitztümer der ehemaligen Managerin passen unterwegs in einen kleinen Rucksack und wiegen gerade mal knapp sechs Kilogramm. Beim Weitwandern wird an allem gespart, was unnötiges Gewicht verursacht. „Bei mir hat sogar der Löffel Löcher“, verrät Thürmer. Immer dabei: Ein Zelt, eine Isomatte, eine Art Schlafsack, ein Satz Wechselkleidung und Kochutensilien. Groß dürfen da die Ansprüche nicht sein. Das gilt auch fürs Budget: Zehn Euro pro Tag veranschlagt die Vielgewanderte fürs Essen aus dem Supermarkt, hinzu kommen 300 Euro im Monat für ein „kleines Verwöhnprogramm“ und 250 Euro für Beförderung und unerwartete Ausgaben. Insgesamt nicht mehr als 1000 Euro.

Keine Frage des Alters

Die Entscheidung fürs Weitwandern ist ihrer Erfahrung nach keine Frage des Geldes auch keine Frage des Alters oder des Geschlechts. Sie selbst hat mehr als 2000 Nächte „mutterseelenallein in der freien Natur gezeltet“ und „als erster Mensch Europa sowohl von Süd nach Nord als auch von West nach Ost durchwandert“. Auf den Geschmack gekommen ist sie allerdings in Amerika, wo sie die Gemeinschaft der Thruhiker, also der Weitwanderer, zu schätzen gelernt hat. Abwechslungsreicher hat sich ihr aber Europa präsentiert, und auf dem alten Kontinent hat sie überall hilfsbereite Menschen getroffen – sogar auf den überlaufenen Pilgerwegen.

Jede Menge Tipps für Einsteiger

Warum die erfahrene Weitwanderin mit Outdoor-Klamotten und High-Tech-Food nichts am Hut hat, schreibt Thürmer ebenso ehrlich, wie sie über ihr „Leben im Dreck“ berichtet oder darüber, warum Weitwanderer gerne auf die Unterhose verzichten. Für alle, die das Modell Weitwandern selbst testen wollen, ist ihr Buch mit seinen vielen Insider-Tipps sicher eine wertvolle Hilfe. Und so manche wird sich nach der Lektüre doch lieber erstmal mit einem kürzeren Weg begnügen.
Info: Christine Thürmer. Weite Wege wandern, Malik, 285 S., 18 Euro

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