Reinhold Messner und Südtirol, das ist eine unendliche Geschichte voller Auf und Ab. Nun hat der vielseitige Ausnahme-Bergsteiger und Grenzgänger eine „Gebrauchsanweisung für Südtirol“ geschrieben. Dabei macht er gleich zu Anfang klar: „Ich habe vor hierzubleiben.“ Liest man das Büchlein bis zum Schluss, könnte man das in Südtirol auch als Drohung empfinden.
Kritischer Blick auf Südtirol
Denn Reinhold Messner spart nicht mit Kritik an seinen (deutschsprachigen) Landsleuten. Auch wenn er „kein lebenswerteres Fleckchen Erde in Mitteleuropa“ kennt, auch wenn die Dolomiten für ihn die „schönsten Berge der Welt“ sind, hadert er mit der Politik in Südtirol, mit dem Zeitungsmonopol, als dessen Opfer er sich immer wieder sah. Auch mit Vetternwirtschaft, Besserwisserei, Bigotterie und Selbstherrlichkeit.
Die Messner Mountain Museen
Als Nestbeschmutzer sieht er sich trotzdem nicht. Schließlich liebt er seine Heimat und hat Südtirol mit den MMM, den Messner Mountain Museen, kultur-historische Sehenswürdigkeiten beschert, die ihresgleichen suchen. Und weil Reinhold Messner sein Licht nicht gern unter den Scheffel stellt, zitiert er sich in diesem Büchlein immer wieder selbst und widmet den Museen und ihren Themen mit „Das Erbe der Berge“ ein eigenes Kapitel.
Lektion in Geschichte
Aber es wäre unfair, diese Gebrauchsanweisung nur auf Reinhold Messner, seine Museen und Bergbauernhöfe zu reduzieren. Man liest auch Geschichtliches – über den Freiheitshelden Andreas Hofer, über die Erblast der deutschen Südtiroler, die sich per „Option“ für das „Deutsche Reich“ entscheiden konnten. Auch über die Autonomie, die Loslösung vom Trentino und die Chance Europa. Kurz und informativ ist das Südtirol ABC.
Ausverkauf der Landschaft
Und immer wieder findet man Warnungen vor dem Ausverkauf der Landschaft: „Nur Teile unserer Hochalpen haben heute Vergnügungsparkcharakter, in Summe sind sie trotzdem ein großer Rummelplatz: mit überfüllten Parkplätzen, kilometerlangen Staus, Lärm, Hektik und Aktionismus zwischen Himmel, Kletterwand und Schluchtgrund. Luftverschmutzung und Lärmbelästigung sind hier oft höher als in den Ballungsräumen, aus denen all die Erholungssuchenden in die Alpen drängeln.“
Gute Gastgeber
Warum man trotzdem nach Südtirol reisen sollte? Wegen der „Mannigfaltigkeit an Wundern und Geheimnissen“, der Bozener Lauben, Speck und Vinschgerln, wegen der Trachten und der Traditionen. Natürlich auch wegen der Dolomiten und wegen der Gastfreundlichkeit der Südtiroler. Denn: „Wir Südtiroler sind gute Gastgeber geblieben.“
Konkrete Tipps für Wanderungen oder Sehenswürdigkeiten verweigert Reinhold Messner und verweist aufs Internet. Dafür hat er jedem Kapitel Zitate bekannter und weniger bekannter Autoren vorangestellt und dazu 23 wunderbar feine Strichzeichnungen von Paul Flora.
Info Reinhold Messner. Gebrauchsanweisung für Südtirol, 216 S., 16 Euro
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