Gesammelte Skipisten
Rezensionen / 9. Dezember 2020

Als dieses Buch entstand, war Autor Christoph Schrahe noch zuversichtlich, dass der Winter 2020/21 keine neuen Einschränkungen beim Wintersport bringen würde und ambitionierte Skifahrer sich aufmachen könnten, die 111 vorgestellten Super-Pisten abzufahren. Das wird wahrscheinlich frühestens 2021 möglich sein. Trotzdem: Planen kann man ja schon mal – und träumen:  Vom Freeriden im frisch gefallenen Naturschnee, von Buckelpisten und aussichtsreichen Abfahren. Sanft und gemütlich Keine Angst: Hier sind nicht nur Pisten für Tollkühne und Könner versammelt, auch leichtere bis mittelschwere Abfahrten haben es in die Sammlung geschafft. Wie diese „eher gemütliche“ Abfahrt im Schweizer Wallis: „Die Piste von der Bella Tola hinab in den Weiler Prilet ist selbst für die an großartigen Pisten definitiv nicht arme Schweiz ein Highlight.“ Oder die „sanfte“ Talabfahrt Lermoos, die „Zwei-Länder-Abfahrt“ im Kleinen Walsertal, die Bodenmaiser Tourenabfahrt mit den Arbermandln, die Talfabfahrt Sterzing… Eine Piste ganz ohne Schnee Daneben werden auch Kunstschnee-Alternativen vorgestellt wie das Alpincenter in Mecklenburg-Vorpommern, der Poppenberg im Sauerland, wo 27 Propeller-Schneeerzeuger für Schneesicherheit sorgen – ab minus einem Grad. Ganz ohne Schnee kommt der Monte Kaolino in der Oberpfalz aus, hier ist das Skigebiet buchstäblich auf Sand gebaut, genauer auf 32 Millionen Tonnen weißen Quarzsand. Steil und bucklig Aber natürlich finden sich…

Morgen, Kinder wird’s was geben
Rezensionen / 1. Dezember 2020

Ja, was wird es wohl geben in diesem Jahr zu Weihnachten? Und wer wird die Geschenke in Corona-Zeiten bringen? Das Christkind oder der Weihnachtsmann? Sucht es euch aus. Hier sind zwei Weihnachtsbücher für Kinder, die ich euch gerne an Herz legen möchte. Das Christkind Juli Zeh („Unterleuten“), bisher eher nicht als Kinderbuchautorin bekannt aber als Mutter von zwei Kindern mit dem Gefühlsleben der Kleinen vertraut, holt das Christkind in die Gegenwart. Wie jedes Jahr haben die Zwillinge Josh und Lena für Weihnachten gebastelt, Plätzchen sind gebacken und alles ist vorbereitet für einen wunderbaren Weihnachtsabend. Auch der Baum. Denn alle Jahre wieder kommt ja das Christuskind auf die Erde nieder. Oder? Bevor es so weit ist gehen die Zwillinge noch mit ihrem Papa in die Vogelschutzwarte. Er will ihnen einen besonderen Vogel zeigen, den er verletzt auf der Heide gefunden hat. Jetzt sitzt er in der Ecke, den Kopf unter den großen weißen Flügeln verborgen. Aber Josh und Lena wollen nach Hause, schauen, was das Christkind gebracht hat. Die Mama wartet schon mit dem Glöckchen. Sie singen „Alle Jahre wieder“ und dann stürmen sie ins Wohnzimmer. Aber da ist nichts. Kein geschmückter Christbaum, keine Geschenke, einfach nichts. Und nicht nur bei…

Anna Seghers und Mexiko
Rezensionen / 16. November 2020

Anna Seghers  sucht mit ihrer Familie Zuflucht in den USA – wie so viele andere Künstler in der Nazizeit. Doch die Schriftstellerin ist Kommunistin und im Land der unbegrenzten Möglichkeiten unerwünscht. Es ist Mexiko, das Anna Seghers und den Ihren zum Zufluchtsort wird. Spiegel-Kulturchef Volker Weidermann begleitet in seinem Buch „Brennendes Licht“ die Autorin in dieses ihr so fremde, unvertraute Land fern der Heimat und des Krieges. Episoden aus unterschiedlichen Lebensphasen Weidermann scheint in diesem Buch nicht über Anna Seghers zu schreiben, sondern aus ihr. Er fühlt sich ein in seine Protagonistin und ihr Leben im Exil, das er nicht chronologisch erzählt, sondern in Episoden, die wie ein Echo aus unterschiedlichen Lebensphasen klingen. Dabei rückt ein Unfall in den Mittelpunkt, der Anna Seghers beinahe das Leben gekostet hätte. Ob es ein Anschlag war, bleibt ungewiss. Aber es war ein Unfall mit Folgen. Aufflackernde Erinnerungen an andere Zeiten Die Schriftstellerin musste sich langsam zurück ins Leben kämpfen, besser noch zurückerzählen. Auch von diesem Kampf berichtet Weidermann, lässt Erinnerungen an Kindheit und Jugend in Mainz aufflackern, an alte Freundschaften und fast schon vergessene Schicksale. Fünf Jahre lebt Anna Seghers in Mexiko, hier begegnet sie Diego Rivera, dem hässlichen Hünen und bewundertem Star…

Zeitreise in ein anderes Australien
Rezensionen / 16. November 2020

Nichts geht derzeit mit Reisen nach Australien. Vielleicht ist das eine gute Gelegenheit, sich intensiv mit Down Under zu beschäftigen. Auch mit noch unbekannten Seiten des Kontinents. Zum Beispiel mit der Geschichte des deutschen Auswanderers Bernhard Otto Holtermann. Der Sohn eines Hamburger Fischhändlers fand 1872 in seiner Wahlheimat den größten Goldklumpen aller Zeiten und finanzierte mit dem Geld Fotografen, deren Bilder die einstige Sträflingskolonie in ein besseres Licht rücken sollten. Die Unesco hat die weltgrößten Glasplattennegative (130 x 96,5 Zentimeter) als Weltkulturerbe geschützt. Deutscher Einwanderer und Philanthrop Die aufregende Geschichte des deutschen Auswanderers und seines Projekts – und natürlich auch viele Fotografien – präsentiert der großformatige Bildband „Australien 1872“.  Autor Christoph Hein hat sich intensiv mit dem Leben des Philanthropen Holtermann beschäftigt – in der alten und in der neuen Heimat. „Holtermann und die anderen, sie spielten in einer riesigen Lotterie unter Einsatz ihrer Leben“, schreibt Hein über die Goldgräber-Zeit. Der größte Goldklumpen der Welt Doch „Holtermann war ein Stehaufmännchen, ein Gründer, ein genialer Selbstvermarkter. Er schuf Verbindungen, vermochte Freunde wie Beyers oder die Fotografen Merlin und Bayliss ein Leben lang zu halten.“ Trotzdem, es waren harte Zeiten, vor allem auch für die Frauen, die auch in Zeiten größter Not…

Waldabenteuer
Rezensionen / 13. November 2020

Der Wald ist wild, in dem die Schüler von Miss Cornfield aus der Schule der magischen Tiere  ein Erlebniswochenende verbringen. Aber die meisten von Elisas Mitschülern haben damit keine Probleme. Schließlich haben sie ja ihre magischen Tiere dabei. Nur Elisa hat noch keines. Das macht sie traurig, auch weil sie gerade zu Hause Stress hat. Sie hat ihren Bruder Mortimer erwischt, wie er aus dem Geldbeutel ihrer Mama Geld genommen hat. Soll sie ihn verpetzen? Aber dann können sie und Mortimer keine Freunde mehr sein! Ein guter Freund Der Kummer lastet schwer auf Elisas Seele. Nur gut, dass der Neue in der Klasse, Oliver, so verständnisvoll ist. Mit ihm kann sie über (fast) alles reden. Trotzdem merkt die Lehrerin, dass Elisa Probleme hat. Vielleicht fehlt ihr einfach ein eigenes magisches Tier, denkt sie und wendet sich an Mr. Mortimer Morrisons magische Tierhandlung. Doch so einfach ist es nicht, für jedes Kind das richtige magische Tier zu finden. Da muss schon alles passen. Nur so können Tier und Mensch Freunde auf Lebenszeit werden. Ein magisches Tier für Elisa Und für Elisa hat Mr. Morrison noch kein passendes Tier gefunden. Aber dann erleben die Kinder und ihre magischen Tiere im Wald ein…

Atlas der Gefahren: Tödliche Superlative
Rezensionen / 10. November 2020

An Gefahren besteht in dieser Welt kein Mangel. Corona ist beileibe nicht die einzige Bedrohung der menschlichen Existenz. Da wären noch Kriege und Klimawandel, Terrorismus und Rassismus, Unterernährung und Artensterben. Der  Atlas der Gefahren  kann diese komplexe Problematik nur streifen. Der höchste Friedhof der Welt Der Focus liegt in diesem eindrucksvoll bebilderten Band auf eher ungewöhnlichen, ungeahnten Gefahren, die nicht nur aus der Natur kommen, sondern oft auch von Menschen herausgefordert werden. Wie die tödlichen Unfälle durch mangelnde Sicherheit der Ausflugsboote in der schönen Halongbucht oder das Katastrophengebiet von Fukushima. Als „höchster Friedhof der Welt“ fand der Mount Everest Eingang in das Buch, als „gefährlichster Flughafen der Welt“ der Altiport Tenzing-Hillary in Lukla. Straße und Eisenbahn des Todes Nicht genug der tödlichen Superlative: „Gesäumt von Toten“ ist die Yungas-Straße, die Verbindungsstraße in Bolivien zwischen La Paz und dem Andendorf Coroico. Die von Häftlingen unter Lebensgefahr aus dem Felsen gehauene 70 Kilometer lange Straße mit über 3000 Metern Höhenunterschied trägt denn auch den Namen „Camino de la Muerte“ (Straße des Todes). Als „Eisenbahn des Todes“ ging die 415 Kilometer lange Bahnstrecke mit der legendären Brücke am Kwai ein, an der sich Gefangenenlager und Friedhöfe aneinander reihen. Sucht nach der Gefahr Schwindelerregende…

Literarische Abgründe
Rezensionen / 10. November 2020

Guillaume Musso gehört in Frankreich zu den meist gelesenen Autoren. Auch in Deutschland hat der studierte Gymnasiallehrer viele Fans. Mit seinem Roman, der den irreführenden Titel „Ein Wort, um dich zu retten“ trägt, wird er diese Fans eher überraschen. Denn der Roman – zugleich Liebesgeschichte, Thriller und Reflexion übers Schreiben und Lesen – ist eine Art Katz-und-Maus-Spiel mit den Lesern. Das geheime Leben der Schriftsteller Der französische Titel „La vie secrète des écrivains“ (Das geheime Leben der Schriftsteller) lässt eher ahnen, worum es geht: Um literarische Abgründe.  Guillaume Musso zitiert berühmte Schriftstellerkollegen, lässt sich aus über den Unterschied von „guter Literatur“ und Unterhaltungsromanen und reflektiert über das schwere Leben eines Autors. Im Mittelpunkt der Geschichte steht ein einst erfolgreicher Autor, der sich plötzlich aus dem öffentlichen Leben auf eine kleine Insel zurückgezogen und sich seither auch nicht mehr zu Wort gemeldet hat. Zweierlei Spurensuche Ist dieser Nathan Fawles ein Menschenfeind? Der junge Raphael Bataille, der selbst literarische Ambitionen hat, will dem Geheimnis um sein Idol auf den Grund gehen und verdingt sich aus diesem Grund als Gehilfe in der Insel-Buchhandlung. Fast zeitgleich kommt auch die junge Journalistin Mathilde Monney auf die Insel – ganz offensichtlich mit dem Plan, Fawles Vergangenheit…

Pubertiere und Ältern
Rezensionen / 7. November 2020

Jan Weiler hat mit „Maria, ihm schmeckt‘s nicht!“ eines der erfolgreichsten Bücher der vergangenen Jahrzehnte geschrieben. Mit der Pubertier-Reihe „Im Reich der Pubertiere“ und „Und ewig schläft das Pubertier“ hat er daran angeknüpft. Auch „Die Ältern“ beschäftigt sich mit den Pubertieren, vor allem aber mit dem Gemütszustand der Eltern zwischen Festhalten und Loslassen, Frust und Hoffnung. Getrennte Wohngemeinschaften Das handliche Büchlein, zu dem Till Hafenbrak auch diesmal die Illustrationen beigesteuert hat, handelt denn auch von so grundlegenden Dingen wie dem letzten (gemeinsamen) Urlaub, von den letzten Schulsprechtagen oder dem Streit über das, was auf den Tisch kommt. Dass die „Ältern“ dann noch beschließen, zwei nach Geschlechtern getrennte Wohngemeinschaften aufzumachen, gibt Weiler Gelegenheit über die „biblische Pubertier-Plage“ in einem Männerhaushalt zu räsonieren oder über Güterabwägungen zwischen männlichem und weiblichem Haushalt. Ironisch-heiterer Grundton Das Ganze liest sich leicht und locker, wobei ein gewisses Maß an Übertreibung für den ironisch-heiteren Grundton sorgt. Manchmal ist es vielleicht ein bisschen zu viel des Guten. Aber der Wiedererkennungseffekt ist jedenfalls garantiert. Hineingelesen… … in Ältern Manchmal bringt mich diese frühe Erwachsenheit zur Verzweiflung. Diese Geschäftstüchtigkeit. Dieser Sinn für das Ferne. Wir waren jedenfalls länger jung. Wir gingen in dem Alter nicht in Restaurants, wir bestellten nichts…

Von Bäumen und Menschen
Rezensionen / 5. November 2020

Michael Christie hat ein enges Verhältnis zu Holz.  Der studierte Psychologe lebt mit seiner Familie in einem selbst gezimmerten Holzhaus. Dafür musste er wohl auch Bäume fällen.  Vielleicht spielen Bäume deshalb in seinem neuen Roman „Das Flüstern der Bäume“ eine so große Rolle. 130 Jahre Leben Die Jahre graben sich in die Bäume ein. Hunderte von Jahren alt werden können Baumriesen, wenn das Klima und die Menschen es zulassen. Das Schicksal von Mensch und Natur ist enger verwoben, als die meisten Menschen glauben. Das zumindest lässt sich aus Michael Christies großer Familiensaga  herauslesen. Von 2038 bis 1908 und zurück bis 2038 verfolgt der kanadische Autor vier Generationen von Menschen, die das Schicksal zu einer Familie zusammengeschmiedet und dann wieder getrennt hat. Durch Zufall Familie Diese Greenwoods sind keine moderne Patchwork-Familie, die sich selbstbestimmt gegründet hat. Reiner Zufall hat Harris und Everett, zwei Jungen, die einen traumatischen Unfall überlebt haben, zu Brüdern gemacht. Das Leben wird den einen zum Holzmillionär, den anderen zum Vagabunden machen – und sie doch wieder zusammenführen, als es darum geht, das Leben eines ausgesetzten Kleinkinds zu retten. Generationenkonflikte Everett bringt das größere Opfer und geht für seine Rettungsaktion in den Knast. Der zunehmenden erblindende Harris zieht…

Das Mal des Oktopus
Rezensionen / 1. November 2020

Brustkrebs ist kein Thema, mit dem frau gern konfrontiert wird. Als Un-Frau fühlt sich Klarissa, die Ich-Erzählerin, nach der Operation. Sie hat sich gegen Silikon-Brüste entschieden und sich dafür einen Oktopus über die Narben tätowieren lassen: Schutz gegen den Krebs. Zurück nach Ei in den Schoß der Familie Klarissa ist zur Einzelgängerin geworden. Das Filmstudium hat sie aufgegeben, den Freund verlassen. Ihren Lebensunterhalt verdient sie als Burger-Braterin – bis sie ihr Bruder zurück bringt auf die Insel Ei und in das Wirtshaus der Familie. Hier lebt der nach dem Tod seiner Frau und dem der Ersatzmutter „Mammie“ fast verstummte Vater mit dem Bruder und Irina, der Schönen, die irgendwann aus dem Meer auftauchte: „Das fremde, wunderschöne Mädchen, das kein Mädchen und kein Mensch war, verstand kein Wort und fand Mammie sofort sympathisch. Es wurde die Schwester der Tochter des Fischers und des Fischers zweite Tochter und des Sohnes zweite Schwester und Mammies drittes (viertes?) Findelkind.“ Bedrohung durch Windräder und „Zecken“ Doch Ei ist bedroht: Eine Fastfood-Kette, die auch Windräder betreibt, will die Bewohner vertreiben, um noch mehr Windräder zu errichten und womöglich auch noch mehr von den merkwürdigen schwarzen Zecken oder Käfer, die Klarissa entdeckt hat. Wie ein Oktopus, der…