Hinter dem schönen Schein
Rezensionen / 4. März 2019

Das noch unveröffentlichte Manuskript hat Dolores Redondo 2016 den höchstdotierten Literaturpreis der spanischen Welt, den Premio Planeta, eingebracht. Jetzt ist der kunstvoll ge- und verwobene Krimi auf Deutsch erschienen – unter dem Titel „Alles was ich dir geben will“. Zentrale Figur ist der Schriftsteller Manuel Ortigosa, der im schönen Galicien nicht nur dem Doppelleben seines verunglückten Mannes Alvaro auf die Spur kommen will, sondern seine Erfahrungen auch zu einem Roman verarbeitet. Denn Manuel muss mit schwindenden Sicherheiten klar kommen. Alles, was er bisher geglaubt hat, stellt sich als trügerisch heraus. Falsche Fährten erhöhen die Spannung Während er zusammen mit dem griesgrämigen Ex- Polizisten Nogueira und Alvaros Freund und Beichtvater Lukas Nachforschungen zum Tod des Freundes anstellt, während er auf dem gräflichen Landsitz immer tiefer in dunkle Familiengeheimnisse vordringt, erlebt der Schriftsteller ein Wechselbad der Gefühle. Nichts ist so wie es scheint oder scheint so zu sein.  Dolores Redondo legt geschickt falsche Fährten, verwirrt mit Fehlinformationen und immer neuen Schauplätzen und bringt zum guten Ende gar Übersinnliches ins Spiel. Bis dahin gibt es weitere Tote, und Manuel lernt eine ganz neue Seite seines verstorbenen Mannes kennen. Je mehr er hinter die prächtigen Kulissen des Schlosses und seines Gartens blickt, hinter den…

Wolfsgeheul statt Almromantik
Rezensionen / 4. März 2019

Sie hat‘s wieder getan, hat wieder das Lebensrecht der Tiere verteidigt – in einem Krimi. Nicola Förg kann nicht anders. Die Tierfreundin und Naturliebhaberin in ihr kommt immer wieder durch. Mal geht es in ihren Krimis um überzüchtete Haustiere („Scharfe Hunde“), mal um die Gülle-Gefahr auf dem Land („Stilles Gift“) und diesmal um den Wolf in den Alpen. Und nicht nur um ihn, sondern auch gleich noch um Kühe mit und ohne Hörner. Kuh-Attacke auf der Alm Sie weiß um den Streit der Landwirte um Hornkühe und enthornte Rinder.  Und noch bevor das Urteil gegen einen Tiroler Bauern nach einer tödlichen Kuhattacke die Gemüter erhitzte, hatte Förg schon so einen Fall durchgespielt, allerdings ohne tödlichen Ausgang.  Da war die Autorin ihrer Zeit voraus.  Diesmal ist Irmi Mangold eigentlich nicht als Kommissarin unterwegs, sondern als Hobby-Sennerin auf Zeit auf einer Alm. Doch schon bald holt sie ihr Job wieder ein. Merkwürdige Vorfälle häufen sich seit die Alm zur Kommandozentrale von Wolfsforschern geworden ist. Unruhen an der Wolf-Front Die Wolf-Feinde machen massiv Front gegen den vermeintlichen Eindringling und seine Freunde. Eine Frau wird von aggressiven Kühen (mit Hörnern) verletzt, und Irmi, die auf der Alm so etwas wie den Himmel auf Erden zu finden…

Ein Surfertraum in Afrika
Rezensionen / 4. März 2019

Er war nie so recht angepasst. „Graffiti und Drogen waren neben schlechten Noten und Fehlstunden die größten Konstanten meiner Jugend,“ bekennt Carlo Drechsel gleich zu Anfang seines Buches. Wer nach diesem Geständnis einen oberflächlichen Roadtrip erwartet, wird in Insight Africa positiv überrascht. Der Surfer, der nach dem Motto „mal spontan durch Afrika fahren und gucken, was passiert“ von Afrikas Surfer-Mekka Agadir aufgebrochen ist und auf seinem Trip durch 25 Länder selbst im Herzen der Finsternis extreme Hilfsbereitschaft und große Gastfreundschaft erlebt hat, nimmt die Leser mit auf sein Afrika-Abenteuer – auf goldene Tage weit weg vom Handy-Empfang genau so wie auf extreme Erfahrungen mit der Angst um sein Leben und vor Aids. Mikroidylle im Makrowahnsinn Im Land der Dogon entdeckt er Dörfer „wie aus tausendundeiner Nacht… Keine Straße, kein elektrischer Strom, keine Polizei, kein Militär, kein Metall, kein Plastik“ und die Seelenverwandtschaft mit einem 16-jährigen Analphabeten. An Nigerias Grenze muss er die „Robbery Squads“ überwinden, Zoll- und Polizeibeamte, die nicht nur die Hand aufhalten, sondern auch Unwillige mit der Waffe bedrohen. In Lagos erkennt er „eine failed City, die irreversibel und auf Ewigkeit dem Wahnsinn anheimgefallen ist“ und genießt doch als Surfer eine „Mikroidylle im Makrowahnsinn“. Was ist wirklich typisch…

Tokio ist – ganz anders
Rezensionen / 1. März 2019

Andreas Neuenkirchen ist mit einer Japanerin verheiratet, Vater einer kleinen Tochter und lebt in Tokio, Japans hässlich-schönster Stadt, wie er meint. Der Wahl-Tokioter hat sein Faible für alles Japanische schon mehrmals in Büchern verarbeitet, unter anderem in Krimis (mit Inspektor Sato). Kirschblüte am umstrittenen Schrein Diesmal nimmt er die Leser mit nach Tokio und macht sie vertraut mit allerlei Skurrilem wie Love-Hotels, Convenience-Stores, Karaoke-Kabinen oder dem Radfahrer-Slalom auf den Fußwegen und den Erdbeben sicher verankerten Möbeln. Natürlich auch mit dem Hype um die Kirschblüte, für Neuenkirchen so etwas wie Japans fünfte Jahreszeit. Offiziell eröffnet wird sie ausgerechnet am umstrittenen Yasukumi-Schrein, wo Japan seiner Kriegstoten gedenkt, darunter auch international verurteilter Kriegsverbrecher. Anders als Deutschland hat Japan wenig Probleme mit seiner Rolle im Zweiten Weltkrieg, hat der Autor erfahren, der schon mal nach Hitler gefragt wird. Der Alltag als Vater Sein Buch über Tokio ist kein Reiseführer, der Insider-Tipps auflistet und Sehenswürdigkeiten abbildet. Neuenkirchen nimmt die Leser vielmehr mit in seinen Alltag als Vater, der sich unter „all den anderen Müttern“ behaupten muss und der seine „fünf Stunden Erwachsenenqualitätszeit“ auskosten will. Gerne stillt er seinen Hunger auch mal in einem Nudelrestaurant, genießt die Ruhe in einem Café und greift auch hin und…

Sehnsucht nach dem Echten
Rezensionen / 1. März 2019

Es sind Bilder aus einem unbekannten Bayern, die den Leser empfangen, ehe Hans Kratzer den Titel „Zeitlang“ erläutert: „Ein Gefühl, das den Kern der menschlichen Existenz berührt.“ Das von Deutschlehrern verpönte und doch so poetische Wort drückt für Kratzer „nicht nur Heimweh und Sehnsucht aus“, sondern auch Langeweile. Eine wichtige Erfahrung, die den Kindern durch „die Omnipotenz des Smartphones“ geraubt werde. Wandel der Landschaft Fotograf Sebastian Beck liefert die Bilder zu den nostalgisch-melancholischen Texten, die den Wandel in der bayerischen Landschaft ebenso bedauern wie den Verlust der Schönheit. „Die Metamorphose vom Agrarland zur Industrieregion war von einer Radikalität ohnegleichen,“ konstatiert Kratzer und trauert den stillgelegten Bauerndörfern nach und den Wiesen, die unter Beton verschwunden sind. Die puppenstubenhaft herausgeputzten Neubauten und die bepflanzten Milchkannen können seiner Meinung nach das Verlorene nicht ersetzen: „Die Häuser umgibt ein großes Schweigen.“ Bayerische Geschichten und Gesichter Es sind so poetische wie kritische Gedanken, die Kratzer notiert hat und die Beck mit seinen Fotos eindringlich untermalt. Da sieht man bayerische Landschaften zwischen Spargelfeldern unter Plastikröhren und Wälderidylle, bayerische Gesichter vom kernigen Landwirt bis zum gepiercten Bartträger, bayerische Frömmigkeit von Altötting bis zum Gipfelkreuz. Die alte Wirtshaustradition „Herzkammern der Kommunikation, der Geborgenheit, des Lebens überhaupt“ vermisst der…

Wandernd auf den Spuren der Vorfahren
Rezensionen / 1. März 2019

Ganz schön ambitioniert: Ein Wanderbuch als Zeitreiseführer, angefangen bei der Urgeschichte über die Aborigines und die Religionsgründer Buddha und Jesus bis zu Pilgerfahrten, Handelsrouten und den Expeditionen der großen Entdecker – und schließlich dem Freizeittourismus unserer Tage.  500 Walks auf 400 kompakten Seiten. Da finden sich denn auch so unterschiedliche Wanderungen wie der Inka-Trail in Peru, der Polarkreisweg in Grönland, der Hillary Trail in Neuseeland oder der Berliner Mauerweg. Unterschiedlichste Wanderwege Für manche der Wege in 500 Walks braucht man viel Zeit, gute Kondition und starke Nerven, für andere gerade mal ein paar Stunden. Manche Wege füllen mehrere Seiten, für andere muss eine Kürzestbeschreibung reichen. Eine außergewöhnliche Herausforderung ist der Great Himalaya Trail mit 1706 Kilometer. Auch die Alpendurchquerung, bei der es auf 2495 Kilometern immer wieder über schwindelerregende Steige geht, verlangt viel Ausdauer und Trittsicherheit. Mit einer Länge von 500 Kilometern ist der Paulusweg in Westanatolien dagegen fast schon ein Spaziergang – allerdings ein anstrengender. Weniger anstrengend wenn auch mit 600 Kilometern etwas länger ist die Via Claudia Augusta auf den Spuren römischer Legionäre. 29 Tage sollte man rechnen, um von Trient über den Reschenpass und das Lechtal bis nach Donauwörth zu kommen. Den Jakobsweg kennt jeder (780 Kilometer…

Viel Arbeit für die Liebe
Rezensionen / 17. Februar 2019

Daniela Krien, Jahrgang 1975, hat es mit der Liebe. In ihrem Roman „Irgendwann werden wir uns alles erzählen“ geht es um die amour fou zwischen einer 16-Jährigen und dem 40-jährigen Nachbarn. In ihrem neuen Buch „Die Liebe im Ernstfall“  hat sich die Autorin gleich fünf Frauen vorgenommen, die aus ganz unterschiedlichen Perspektiven über ihre Probleme mit der Liebe   – und mit den Männern berichten. Mann und Kind?  Sex statt Liebe? Paula, Judith, Brida, Malika und Jorinde kennen einander mehr oder weniger gut, als Kinder und Jugendliche haben sie den Fall der Mauer erlebt und genießen nun die Freiheit. Aber sie haben auch Schwierigkeiten mit der Wahl ihres Lebensentwurfs. Mann und Kind? Familie und Beruf? Sex statt Liebe? Beruf statt Familie? Einfach ist das alles nicht, zumal die fünf Frauen durchaus selbstbewusst sind, und ihre Ansprüche haben – auch sexuell. Da denkt die Single-Frau Judith, die je nach Bedarf Männer datet, dass jede Frau einen Mann haben sollte, der „ein wenig wie Christian Grey ist“, und die Buchhändlerin Pauline will durch den Schmerz der Unterwerfung die Trauer um den Tod ihres Kindes vergessen. Brida wiederum, die Schriftstellerin, verliert durch den Alltag mit Mann und Kindern ihre Intuition: „Unversehrt hatte Brida mit…

Island – ein Kunstwerk
Rezensionen / 2. Februar 2019

Island, die Insel aus Feuer und Eis, ist für Fotografen ein Traum. Eine noch ungezähmte Natur hat hier Phänomenales geschaffen, eine archaische Landschaft in fast unwirklichen Farben. Ja, Island ist tatsächlich ein Land wie kein anderes. Dieses Land feiert Hans Strand in einem ebenso schwergewichtigen wie brillanten Bildband. Abseits der Touristenpfade Strand war abseits der Touristenpfade unterwegs, er hat bei trübem Wetter fotografiert und bei Sonnenschein, er hat das dramatische Farbspektrum nach einem Vulkanausbruch festgehalten und das satte Grün der isländischen Landschaft, hat die Insel aus der Luft fotografiert und aus nächster Nähe. Für den „Liebhaber chaotischer Fotografie“ wurde Island zur Sucht, denn hier kann man noch erleben, wie eine Landschaft entsteht, wie sich Wasser in Felsen fräst, wie Flussarme sich durch die Landschaft flechten – und wie die Gletscher schmelzen. Die Folgen des Klimawandels Der Klimawandel hat Island längst erreicht. Auch das dokumentiert Hans Strand mit seinen großartigen, ja berauschenden Aufnahmen. Wer ihre rohe Schönheit bewundert, das giftige Grün und Gelb, die fast surrealen Farben, kann sich auch vorstellen, dass für die Menschen das Leben in Island ein ständiger Kampf mit der Natur ist – nicht nur wegen der Bedrohung durch Vulkanausbrüche, auch wegen der Wetterkapriolen. „Islands Wetter war…

Die Königin aus der Gosse
Rezensionen / 2. Februar 2019

Ein Leben wir ein Roman: Was Manuela Salman erlebt hat, würde ein dickes Buch füllen. Dafür ist das Büchlein, in dem sie zusammen mit Viktoria Bell in „Sika, die weiße Königin“ ihre Geschichte erzählt, mit 235 Seiten geradezu schmal. Der Untertitel „Wie die Liebe mich rettete und mir ein ganzes Volk schenkte“ klingt etwas reißerisch und manchmal hat man das Gefühl, dass Manuela Samlan sich in ihren Erinnerungen ein bisschen idealisiert. Aber das ist ja menschlich und ändert nichts daran, dass diese Frau sich immer wieder durchgebissen hat, obwohl es am Anfang so aussah, als hätte sie keine Chance. Ein Findelkind ohne große Zukunftschance Manuela war ein Findelkind buchstäblich aus der Gosse – die Eltern wurden nie gefunden – und wie so viele Waisen begann ihr Lebensweg mit einer Odyssee durch Heime und Pflegefamilien. Demütigungen und Strafen waren an der Tagesordnung. Das ändert sich auch nicht durch die frühe Heirat mit einem palästinensischen Flüchtling, aus der drei Kinder hervorgehen Als ihr Mann die Kinder in den Libanon entführt, reist sie beherzt hinterher, um ihre Söhne zurückzuholen. Die Reise wird zum Fiasko. Manuela verliert ihre Kinder und kehrt auf abenteuerlichen Wegen zurück nach Deutschland, wo sie sich aus einer hoffnungslosen Lage…

Eragon: Rückkehr nach Alagaesia?
Rezensionen / 26. Januar 2019

Er schaffte es 2011 ins Guiness Buch der Rekorde als „jüngster Autor einer Bestseller-Serie“. Tatsächlich war Chistopher Paolini noch nicht einmal 15 Jahre alt, als er das „Vermächtnis der Drachenreiter“ schrieb, das erste Buch der erfolgreichen Eragon Serie, das 2003 auch in Deutschland auf den Markt kam. Die Geschichten um den jungen Drachenreiter Eragon, seine Drachendame Saphira und ihre Abenteuer schlug nicht nur junge Leser in ihren Bann. Weltweit hat sich die Drachenreitersage mehr als 35 Millionen Mal verkauft – mehr als fünf Millionen Mal im deutschsprachigen Raum. Nach vier Bänden schien Schluss zu sein. Doch jetzt gibt es Hoffnung auf einen fünften Band. Vorbereitung auf einen fünften Band? Mit „Geschichten aus Alagaesia“ legt Christopher Paolini, mittlerweile seriöse 36 Jahre alt, drei Kurzgeschichten vor, die wieder in die Welt der Drachen, Elfen und Urgals entführen und nicht nur auf eine Fortsetzung sondern auch auf einen fünften Eragon Band vorbereiten sollen: Die drei Geschichten „Die Gabel, die Hexe und der Wurm“ erzählen von einem rätselhaften Wanderer, von einem verfluchten Kind und von der Macht eines Drachens, und sie sind sehr unterschiedlich. Auch Paolinis Schwester schrieb eine Geschichte Während die erste Geschichte stilistisch und inhaltlich an die Eragon Serie anknüpft, besteht die…